Es ist eine freudige Zeit für die Menschheit, zumindest für jenen Teil der Menschheit, der aus mir besteht. Denn ich habe einen Marschbefehl erhalten.
Nicht für jeden Schweizer ist ein Marschbefehl freudige Post, und normalerweise ist es auch für mich kein Anlass zu Freudentänzen und ausschweifenden Feiern. Dieser Marschbefehl jedoch ist anders. Es ist nämlich nicht irgend ein Marschbefehl, sondern ein ganz besonderes Exemplar. Auf diesem hier steht gedruckt: «Anzug: ZIVIL«. Und als ob dies noch nicht genug wäre, befanden sich im Couvert haufenweise Beilagenblätter. Diese instruieren mich, wie ich korrekterweise meinen ganzen Plunder abzugeben habe!
Endlich ist es also soweit, ich darf abgeben! Das heisst … noch nicht gleich. Erst am 27. November dieses Jahres, um 9:30 Uhr, wird es soweit sein. Und obwohl das als eine sehr lange Wartezeit erscheinen mag, bin ich doch froh über den langen Vorlauf, denn ich habe vor der Abgabe noch etwas zu regeln: Die Rückforderung des geleisteten Wehrpflichtersatzes anlässlich der Dienstverschiebung aus dem Jahre 2006. Damals wollte ich nicht Dienst am Vaterlande leisten, sondern zog es vor, mit der RBB an den Whit-Friday-Umzügen in Saddleworth, England teilzunehmen. Zu Recht, wie ich meine.
Also, die Rückforderung: Wie fordert man sein sauer verdientes Geld zurück? Die Antwort liegt auf der Hand: Man fragt das Internet. Ich habe mich also auf der Website der Armee schlau zu machen versucht, wie ich vorzugehen hätte, jedoch keine Antwort auf meine konkrete Frage gefunden. Also entschied ich mich für die nächstbessere Variante, nämlich einen Anruf auf die Hotline.
Und dies sollte ein Abenteuer sondergleichen werden. Siehe, staune:
«Brügger», empfing mich eine Stimme, die mir sofort bekannt vorkam. Dasch doch dr Chrigu! schoss es mir durch den Kopf, und meldete ich mich langsam und betont deutlich: «Grüessech, mi Name isch Manuel Friedli.» Mit einer langen Pause liess ich die Worte durch die Telefonleitung auf das Trommelfell und das Bewusstsein meines Gesprächspartners einwirken. Der reagierte aber bloss mit einem nüchternen «Grüessech …», ohne weiter auf meine ostentative Vorstellung einzugehen. Da konnte ich endgültig nicht mehr an mich halten und frug frech: «Bisch du dr Chrigu!?», denn auch das Grüessech wurde mit einer derart bekannten Stimme geäussert, dass ich mich einfach nicht irren konnte, und tatsächlich: Er war es! Lediglich dem Umstand, dass er mich nicht im ersten Augenblick erkannt hatte, verdankte ich es, einer allumfassenden Verarsche zu entgehen, was mich im Nachhinein erleichtert. So plauderten wir einfach ein Weilchen unbeschwert über Gott und die Welt, ich erfuhr, dass er soeben seinen letzten WK absolviere und lachte ihn ein wenig aus, da ich meinen Letzten schon vor 3 (DREI!) Jahren geleistet hatte, schilderte dann aber mein Begehr und er gab mir die nächste Nummer, die ich anzurufen hatte.
Und tatsächlich war ich nach einem weiteren Telefonat schlauer und werde also meine Erkenntniss nun im grossen, weiten Netz öffentlich darstellen, auf dass jedermann fortan wisse, wie er sein Geld zurückbekomme:
Man schicke sein Dienstbüchlein mit einer kleinen Begleitnotiz an eine bestimmte Adresse, und schon sollte alles seinen Gang nehmen. Die Notiz könnte in Etwa so aussehen:
Sehr geehrte Damen und Herren
Ich habe einen WK verschoben und musste zahlen und will nun mein Geld zurück weil ich nämlich jetzt alle Tage geleistet habe und bitte überweisen Sie den Zaster auf mein Konto und zwar lautet das 30-123456-7 und ist bei der Post und Merci und Gruss.
Meine Notiz war selbstverständlich ungleich eloquenter. Wichtiger ist sowieso, dies an die korrekte Adresse zu adressieren. Und diese Adresse ist die folgende:
Wehrpflichtersatz
Papiermühlestrasse 13 g
3000 Bern 22
Und nun warte ich auf mein Geld und bete und hoffe, dass mir die werten Herren der Militärfinanzabteilung mein Dienstbüchlein rechtzeitig zurückschicken, denn ich wiederum muss es bis spätestens am 24. September den Herren von der Militärplunderrücknahmestelle zusenden, und ganz so extrem lange dauert es bis dahin ja auch nicht mehr … wir werden sehen.