Der Tassenkuchen

Der Titel nimmt es im Grunde bereits vorweg: Es geht um Essen, genauer: um Kuchen, und handelt sich deshalb um einen ganz besonders interessanten und lesenswerten Beitrag im Reigen der mehr oder minder bedeutungsschwangeren Schreibergüsse meinerseits. Das Spezielle am genannten Kuchen: Die Herstellung.

Und zwar ist folgendes passiert. Ich kam, nichtsahnend und unschuldig wie immer, frühmorgens ins Büro und wurde sogleich aus unerfindlichen Gründen mit einer Website konfrontiert, die höchst interessante Rezepte im weltweiten Netz veröffentlicht. Solche nämlich, die sich mit der Mikrowelle zubereiten lassen. Hiermit ist der Pfupf eigentlich schon draussen und die Spannung gebrochen, denn auch der langsame Teil meiner hochwohlgelöblichen Leserschaft hat mittlerweile die Verbindung zwischen Tasse, Kuchen und Mikrowelle herzustellen zu Stande gebracht.

Die Mittagspause stand heute ganz im Zeichen hurtig eingekaufter Zutaten, eines hastig heruntergeschlungenen Sandwiches und ausgiebigen Backens. Backen kann man keinesfalls ohne Rezept, niemand kann das, nicht einmal ich, der ich eine Züpfe ohne Rezept backen kann! Selbstverständlich hatte mich das Rezept bereits auf der Einkaufstour begleitet und war seither nicht mehr von meiner Seite gewichen, und zum besseren Gedächtnis will ich es nun hier publik machen, auf dass noch viele Generationen, die da nach mir kommen mögen, davon profitieren können:

  • 4 EL Mehl
  • 4 EL Kristallzucker
  • 2 EL Schokoladepulver
  • 1 Ei
  • 3 EL Milch
  • 3 EL Öl
  • 1 Tasse

Als grüne Seele hatte ich darauf geachtet, Biozutaten zu kaufen: So stammten die Eier aus glücklichen Hühnerärschen, die Milch aus fröhlichen Kuhzitzen, das Öl aus fidelen Sonnenblumen und das Schokoladepulver war wahrscheinlich mit einem solarbetriebenen Dampfer über die Weltmeere geschifft worden. Lediglich Mehl und Kristallzucker stammten aus traurigen Plantagen, oder wie sich eine unbiologische Anbaufläche auch immer fühlen mag.

Gemischt wurden die ersten sechs Zutaten in der letzten – der Tasse. Das ganze wanderte für 3 Minuten bei voller Kraft in die Mikrowelle. Nach einer guten Minute in den Wellen begann sich das Gemisch aus der Tasse langsam zu erheben, mein Küchlein wanderte bis beinahe an die Mikrowellendecke und gebärdete sich wahrlich wie der schokoladegewordene schiefe Turm von Pisa.

Mit dem Öffnen des Mikrowellentürchens fiel das imposante Gebäude in sich zusammen wie ein Käsesoufflé, das die Freude am Leben verloren hat. Trotzdem liess es sich relativ problemlos auf eine appetitlich präparierte Serviette stürzen und bot den Anblick eines relativ grossen Haufens Hundeexkrements.

Wer mich kennt, weiss, dass ich, wenn’s ums Essen geht, vor nichts zurückschrecke. Böse Zungen behaupten, ich ässe abgelaufene Sandwiches aus dem Mülleimer, aber das stimmt nicht, das Sandwich, auf das sich diese Verleumdung bezieht, war noch gar nicht jenseits des Verfalldatums angekommen und zudem noch originalverpackt. Geschmeckt hat’s ganz hervorragend.

Item. Ich schrecke also vor nichts zurück, erst recht nicht vor einem hundekotgestalten Schokoladekuchen aus der Mikrowellentasse. Heiss war er, sauheiss, aber gar nicht mal schlecht, wenn man von einer gewissen gummigen Konsistenz absieht. Der Geschmack war schokoladenbombig.

Und weil’s so schön war, habe ich hier noch ein Foto für unsere neugierigen Mitleser. Leider nicht in der Tasse, aber dafür noch weitgehend in Originalform auf der Serviette:

Ein echter Mikrowellen-Tassenkuchen!

Türkisches Kleinstwellenhammelfleischfladenbrot

Siehe, ich will dich, Leser, Leserin, einführen in die Wunderwelt moderner Fertiggerichte!

Bislang ging ich ja blind durch das Leben: Ich war überzeugt, in der Mikrowelle erhitze man gemeinhin Reis und vielleicht das Wasser für eine Fertigsuppe, wobei gesagt werden muss, dass ich meinen ersten Kontakt mit einer Mikrowelle im zarten Alter von schüchternen achtundzwanzig Jahren hatte und demnach auf dem Gebiet kurzer Wellen fürwahr nicht als Experte bezeichnet werden darf. Auch war ich der Meinung, einen Kebab kaufe man bei Mehmet oder Ali vom Dönerstand um die Ecke, und hier möchte ich anfügen, dass Mehmet seinen Dönerstand eigentlich gar nicht «um die Ecke» hat, sondern direkt bei der Weissenbühlhaltestelle des 3er-Trams, und dass ich keinen Ali kenne, der Döner verkauft. Jedenfalls habe ich mich im Bezug auf Mikrowellengerichte und Kebabbe (Kebabs? Kebaben? Solltest du den korrekten Plural kennen, melde dich!) eines Besseren belehren lassen müssen und zähle mich fortan zu den Sehenden, denn ich habe im coop mein Zmittag eingekauft.

Hierzu möchte ich die kurze Zwischenbemerkung einschieben, dass der coop eindeutig die grössere Auswahl an Fertiggerichten feilbietet als die Migros. Für mich als überzeugtes Migroskind ist es schwer, dies einzugestehen, aber ich besitze – und wer mich kennt wird dies ohne zu zögern bestätigen – die menschliche Grösse, in diesem Punkt dem coop den Punkt zuzusprechen.

Wo war ich?

coop hat also, wie gesagt, eine beeindruckend grosse Auswahl an Fertiggerichten. Und weil ich gerne mal etwas Neues probiere, liess ich mich verleiten, einen von «Abbelen’s kebab»s zwecks Stillung mittäglichen Hungers käuflich zu erwerben. Beschrieben ist die mit einem Foto eines appetitlich anmutenden Döners versehene bunte Verpackung wie folgt:

NEU/NOUVEAU/NUOVO: Fladenbrottasche mit Hähnchen-
fleischzubereitung, gegart, und leckerer Sauce
[…]
MIT PACKUNG
IN DIE MIKROWELLE
FERTIG IST DER KEBAB!

Zur Illustration hier noch ein Bild derselbigen:

Die Verpackung: Appetitlich und farbenfroh

Nun gut! Ein Kebab mit «leckerer Sauce» ist selten genug, und wenn schon lecker draufsteht wird ja wohl doppelt lecker drin sein! Also flugs in die Mikrowelle damit.

Das schöne an so einem Mikrowellengerät ist ja, dass bereits nach wenigen Sekunden ein *binnngggg* das Ende der Wärmzeit verkündet. Einem hungernden Magen kann somit innert kürzester Zeit Linderung verschafft werden.

*binnngggg* machte es, und ich öffnete die Packung. Es präsentierte sich mir folgender Anblick:

Er sieht prall gefüllt aus. Das lässt einiges vermuten!

Nicht schlecht! Der Duft von warmem Kebabfleisch stieg mir bereits in die Nase, und mein Mund war drauf und dran, sich mit Wasser volllaufen zu lassen, schliesslich meldete der Magen ununterbrochen «Hunger! Hunger!» Ich wollte ihn nicht länger warten lassen und entledigte den Döner endgültig seiner Verpackung, mit anderen Worten: Ich enthob die Verpackung ihres Inhaltes. «Behold!» spräche nun ein Engländer, ich aber schreibe: Jessesgott. Schau dir mal das an:

Das Innenleben. Oder eher die Innereien?

Dies ist der Moment, wo sich das Hungergefühl auf magische Art und Weise im Nichts auflöst und man sich urplötzlich satt fühlt, bevor man den ersten Bissen zu sich genommen hat. Das knackig-frische Gemüse suchst du auf dem Foto vergebens, auch in den tieferen Schichten der undefinierbaren Füllung ist es nicht zum Vorschein gekommen. Die Fotos des Essvorgangs erfüllen leider die eidgenössischen Hygienevorschriften nicht, so dass ich sie hier nicht publik machen kann, ohne eine Busse des Gesundheitsamtes zu riskieren. Ebensowenig darf ich wohl festhalten, dass mich die Masse zwischen den gummiartigen Brothälften eher an Gekotztes rezykliertes Essen als an Hähnchenfleisch mit leckerer Sauce erinnert. Und der Geschmack? Naja … sagen wir mal: Die versalzenen Teigwaren heute Abend schienen mir eher fad im Vergleich zum mittäglichen «Kebab».

E Guete.