Geschorener Posaunist und verhinderter Steeldrummer

Aah – endlich war heute wieder mal Schweizer-Synkopenmusik-Orchester-Zeit, sprich: Zeit fürs Swiss Jazz Orchestra im Huerebibeli, wie es sich für einen richtigen Montagabend gehört. Groove Night war angesagt, und ich setzte mich erwartungs- und auch ansonsten einfach froh in den Saal.

Als die Band zu spielen begonnen hatte, ging ich, wie ich es immer zu tun pflege, im Geiste die Bandmitglieder mit Namen durch. Klar, dass ich mir nicht alle Namen ins Gedächtnis rufen konnte, aber zumindest die Gesichter kamen mir allesamt bekannt vor. Doch halt – bei den Posaunen geriet ich ins geistige Stolpern! Da sass, hübsch eingebettet zwischen Monsieur Lachat und Herrn Zumstein, ein mir gänzlich unbekannter Kopf (mit Mann und Posaune dran)! Wo normalerweise Andreas Tschopp und vorletzte Woche Nina Thöni sitzen sollte, spielte hier ein bebrillter Chruselchopf auf einer schon älter wirkenden Posaune, den ich migottstüüri noch nie in diesem Ensemble gesehen hatte.

Aha, nun hatte dieser junge Mann allem Anschein nach ein Solo, denn er begab sich zum Mikrophon vorne am Bühnenrand. Und schon begann er zu spielen. Und wie der spielte! Als ob der Leibhaftige hinter ihm her wäre! Er zog und stiess am Posaunenzug, dass es keine Gredi mehr hatte, er pustete sich die Lunge wund und errötete im Gesicht, dass ich schon meinte, ein Totemügerli habe ihm mit dem Flarzyse den Stirz vermöcklet! So konnte eigentlich nur einer auf dieser Welt spielen, derart tschoppte es! Aber das konnte ja nicht sein, denn dieser eine hat ja, wie ich natürlich wusste, langes, zu einem Rossschwanz gebundenes Haar. Es musste sich hierbei also zweifelsfrei um eine Verwechslung handeln.

Jedoch – mitnichten, wie sich herausstellen sollte! Wie es sich nämlich gehört, wurde der Solist nach dem Stück vom obligaten Ansager des Abends, Till Grünewald, namentlich erwähnt, und siehe da: «Andreas Tschopp» lautete der Name desselbigen. Fürwahr ein Zeichen dafür, dass ich letzte Saison entschieden zuviele Absenzen zu verzeichnen hatte.

Und zum Schluss noch dies: Philip Henzi, begnadeter Pianist, Kompositeur und Arrangeur des Swiss Jazz Orchestras, wäre heute Abend fast zu einem Steel-Drum-Solo gekommen – wenn sich das SJO doch nur eine Steel Drum leisten könnte! Damit an künftigen Konzerten ein Steel-Drum-Solo nicht mehr an der Absenz des Instrumentes zu scheitern braucht, existiert ein Konto, auf welches mit dem Vermerk «Steeldrum Henzi» ein jeglicher Geldbetrag herzlich willkommen ist. Ich selber habe trotz herrschender Finanzkrise mein Scherflein in Form von 10 Franken beigetragen. Und zwar auf das Postkonto 30-677787-8. Kein Witz. Echt wahr. Tu’s auch. Dann kann ich vielleicht in Bälde schreiben, wie virtuos Herr Henzi mit Stahltrommeln umzugehen weiss. Es würde sich bestimmt lohnen.

Schlussbericht

In diesem Buenos Aires geht ja alles drunter und drüber: Die Busfahrer sind alles verkappte Michael Schumacher (die Mehrzahl von Schumacher, ist die auch Schumacher?) und fahren wie die Irren durch schmalste Strassen, die breiten Strassen wiederum sind voller röhrender Autos, die unzähligen, an Häuserfassaden montierte, Klimaanlagen tropfen ihr Kondenswasser munter auf die Trottoirs (die Mehrzahl von Trottoir ist Trottoirs!), die Ambulanzen veranstalten ein Konzert aus circa 10 verschiedenen, sich abwechselnden Martinshornklängen, die Strassen- und Flohmärkte scheinen sich ungehemmt über das ganze Stadtgebiet auszubreiten, die Touristenmassen verstopfen die Touristenmagnetorte, die Tangotänzer tanzen allenthalben Tango und dazwischen stolpern schüchtern und staunend zwei kleine Schweizerlein durch diese Metropole, lassen sich die Sommersonne aufs Haupt brennen (und erwerben dabei eine ganz ansehnliche Bräune, die leider mit der Landung am Flughafen Zürich bereits abgeklungen zu sein scheint) und den Rucksack stehlen (letzteres aber immerhin nicht absichtlich) – kurz: Es ist super dort.

Einhergehend mit dem Rucksackverlust geht derjenige meiner Digitalkamera, was die Fotoausbeute um ungefähre 50 % reduziert, was aber insofern keinen Unterschied macht, als auch die verbleibenden 50 % noch nirgendwo online eingesehen werden können.

Und nun bin ich wieder hier, in der wohlorganisierten Schweiz, im schnuckeligen und ruhigen Bern, wo alles seinen gewohnten Gang geht, wo die Leute nervös werden, wenn der Bus 2 Minuten später fährt, als auf dem Fahrplan angegeben, wo sowieso nur 3 Tram- und 15 Buslinien verkehren, im Gegensatz zu den 6 U-Bahn- und 311 Buslinien in Buenos Aires. Zugegeben, es braucht tatsächlich einige Busse mehr, um 13 Millionen Menschen zu transportieren.

Mittlerweile habe ich mich wieder an die winterlichen Temperaturen gewöhnt, die derzeit beinahe schon frühlingshaft sind. Ich kann demnach getrost in den Abend entschwinden, dem Huerebibeli entgegen. Willkommen zurück! Schönen Abend!

Auf zur sechsten Saison!

Das Warten hat ein Ende, morgen geht’s wieder los: Ab morgen gibt’s am Montagabend jeweils wieder etwas zu hören, denn morgen startet das Swiss Jazz Orchestra in seine sechste Saison. Jim McNeely wird, so erzählt es die Website, am Piano sitzen, und da ich diesen Jim überhaupt nicht kenne, bin ich gespannt, was er zu bieten hat.

Konzertstart um 20 Uhr in Huerebibeli. Wer kommt mit?

Kann man das noch Inflation nennen?

Heute Abend wollen wir uns finanzmathematischen Kalkulationen widmen.

Vor geraumer Zeit, das ist noch gar nicht so lange her, da kostete an einem Montagabend im Huerebibeli eine Stange vierfrankenfünfzig, und die Stange fasste handelsübliche 3.3 Deziliter. Mit ein wenig Goodwill darf man das einen Drittelliter nennen, was wiederum mit einer hundskommunen Multiplikation einen Literpreis von 3 × Fr. 4.50 = Fr. 13.50 ergibt.

Vor circa einem Monat dann ist es geschehen. Ich bestellte, wie üblich, «e Schtange», bekam ein 3.3-dl-Glas voller Bier und den Bescheid, es koste «füf Franke, bitte». Hoppla! Naja, dann ist halt das Trinkgeld direkt eingerechnet. Trotzdem wollen wir das im Literpreis ausdrücken, des Vergleiches halber. Mit der bereits oben angewandten Näherung des Drittelliters, und derselben (aber adaptierten) Multiplikation, kommen wir auf folgendes Ergebnis: 3 × Fr. 5.- = Fr. 15.-. Eine Preissteigerung von satten Fr. 1.50 pro Liter.

Und heute, da ist es schon wieder passiert: «E Schtange, bitte», wurde  quittiert von «Das macht de vierfüfzg, bitte.» Oh Wunder, dachte ich, eine Verbilligung? «Es isch drum itz nöi zwe-e-haub Dezi», wurde heimlifeiss nachgeschoben, was den scheinbaren Preisnachlass rechtfertigte. Ich kam ins Grübeln, wenig später ins Rechnen, und präsentiere dir hier das ungeheuerliche Resultat: Bei einer Stangengrösse von 2.5 dl kommen wir auf einen Literpreis von 4 × Fr. 4.50 = Fr. 18.-. Das sind nocheinmal ganze drei Franken mehr als vorher!

Potztausend! Somit bezahle ich nun für dieselbe Menge den Preis einer ganzen Stange zusätzlich, als noch vor wenigen Wochen! Frech, frech, diese Huerebibeler. Aber nun kann ich ja einige Wochen Geld sparen, denn das nächste Konzert des SJO findet erst wieder am 7. Jänner MMIIX statt. Endlich wieder mal Latin-Night!