Peinlich: Pure Prostitution pekuniär prekärsituierter Personen

Heute im Bahnhof Bern: Ich so am schlendern Richtung Püez, und dann so vor meinen Augen ein Anblick, wie er sich mir noch nie geboten hat: Öpper in roter Jacke mit künstlichem Rentiergeweih auf dem Grind und einer runden roten Clownnase zmitz im Gesicht. Am irgendwelche Werbeflyer verteilen. Hallo?! Muss ja wohl eine Person in pekuniär prekärer Position sein. Eng entlöhnt. Billig bezahlt. Vermindert verdienend. Weshalb sonst würde sie sich derart peinlich prostituieren?

Und was muss das für ein herzloser Arbeitgeber sein, seine Angestellten in derartige Kostüme zu zwingen, dass fremdschämen Programm wird?

Kommt noch dazu: Rentier? Bitte? Hat denn der Samichlous nicht ein Eseli? So eines wie der Aschi oder das Grittli aus dem Streichelzoo im Tierpark sind? Asobitte.

Mich überkommt die nackte Wut!

WAAAAAAAH!!!

Ich werde nicht alt. Wahrscheinlich sterbe ich mit 25 an einem stressbedingten Magengeschwür. Ups, zu spät. Aber egal! So kann ich mich zumindest weiter aufregen! Über all die dümmlichen Menschen, die gedankenlos wie Zombies durch die Welt wanken und mir zur Last fallen! So wie vorhin.

Und das kam so:

Bei den Postomaten in der Bahnhofhalle ist jetzt neu (oder nicht? Jedenfalls neu für mich) ein blaues Absperrband quer von Links nach Rechts vor den Automaten aufgespannt. Schön, dachte ich, so wird das Geldabheben nun endlich in geregelte Bahnen geleitet! und gesellte mich links hinter den bereits wartenden blaujackigen jungen Herrn.

Die beiden geldbeziehenden Damen an den zwei Automaten schienen grenzenlos überfordert zu sein, denn sie drückten derart lange anscheinend planlos auf den Tasten herum, dass derweil sich am rechten Ende des blauen Wartebandes zwei weitere Personen zu uns Wartenden gesellen konnten. Da schwoll mir innerlich bereits die Cholerikarterie! Es war doch schliesslich offensichlich, dass sich am anderen Ende des Bandes bereits eine Schlange aus zwei Personen – dem Blaujackigen und mir – gebildet hatte! Wieso standen diese dödeligen Dämlacke nun ans andere, ans verkehrte Ende? Diese Tublen!

Eine kleine Genugtuung blieb mir: Der Blaujackige vor mir würde sein Recht auf Zuvorkommnis bestimmt wahrnehmen und sich beim nächsten freiwerdenden Postomaten zu Schaffen machen – so dachte ich. Aber dann geschah es: Die Dame rechts beendete ihr desolates Tun, entfernte sich vom Postomaten – und mein blaujackiger Vollpfosten blieb stehen, so dass der mühsame Füretrücki von Rechts sich mir-nichts-dir-nichts anschickte, seinerseits Geld abzuheben.

Ich habe mich ufgrrrrrrrrrregt, das kannst du dir gar nicht vorstellen! Meine schläfenseitige Zornesader pochte und pulsierte mit diesem Lautsprecher um die Wette und am liebsten hätte ich meinem Vordermann so richtig ins Schienbein gestüpft, aber so richtig! Zu seinem Glück war der Winkel – ehja, von hinten! – dermassen ungünstig, dass ich mich dazu nicht in der Lage sah, und sowieso war jetzt auch die Dame links fertig und er entwich meinem Aktionsradius gerade noch rechtzeitig in Richtung Postomat, so dass er ungeschoren davon kam. Üüüh, wenn der wüsste, wie knapp er heute Mittag an einem mittleren Erdbeben vorbeigeschrammt ist!

Endlich kam ich dann auch noch an die Reihe, und zwar am rechten Automaten, und so hatte ich wenigstens das schöne Gefühl, dem ebenfalls rechts anstehenden Meitschi den Platz vor der Nase wegschnappen zu können.

Unglaublich, dass die Menschheit auch nach fünf Jahren noch immer nichts dazugelernt hat. Es wird wirklich höchste Zeit, Sidis Vorschlag in die Tat umzusetzen.

Si da Zymbale drinne?

Mittwochmorgen, 07:17, Bahnhof Bern, Gleis 7, Sektor B. Ich, schwerst bepackt mit Uniform, Schlägeltasche, Schreibmaschine, Snaredrum, Becken-, Snaredrum- und Notenständer und Beckentasche, habe mich soeben heftig atmend und aus allen Löchern schwitzend hingepflanzt und will gerade etwas verschnaufen, da kommt ein älterer Herr des Wegs. «Si da Zymbale drinne?», frägt er, auf die Beckentasche deutend, und beim Wort Zymbale entfleucht mir beinahe ein Lächeln. Ich denke mir: «Fahr ab, Ätti, i ma nid liire, es isch morgefrüe!» und sage: «Ja, ganz genau.»

Und nun passiert das Unweigerliche, wenn man einem älteren Mann, wahrscheinlich Pensionär, der mit aller Zeit der Welt ausgestattet ist, den kleinen Finger in Form einer freundlich formulierten Antwort darreicht. Er nimmt sich die sprichwörtliche Hand und beginnt zu erzählen:

«Bravo, das isch ganz guet! Ouuu, wüsst dr, wenni Zymbale gseh, de chunnt’s mr i Sinn! I gsehs no ganz genau vor mr. I ha mau bim Zapfestreich – bim Zapfestreich, hähä! – üüüh, dert hani mau eine dernäbe ghoue! Es isch z Interlake gsi, u mir ischer so richtig ab! Da het dr Spiufüehrer hinderegluegt, esoooones Gsicht het er gmacht! Ja, u nam Konzärt hani du mit ihm uf ds KP müesse. «Korporal Penn, i hanech nid öppe ids Spiel gno, damit dir söfel fautsch drischlöht», het er mr gseit! Jaaa, mir si denn 7 Korporäl gsi, 7! Jaaa, gäu, u abverdient hani ja denn z Züri, aber hüt isch ja aues anders. Einisch, z St. Galle, eh, wo itze, dert bir Maggifabrik, oder, nei wart, wie heissts … bir Knorrfabrik, auso, isch ja glich! U mir hei dr bescht Adjutant gha, dr bescht! Einisch hani e Kamerad gfragt: «Het er öich aube o am 2 ir Nacht zum Näscht us gno?» Aber dä het nume gmeint: «Wieso sötter eim Wecke, weme doch schlaft?» Jaaaja, das si äbe scho no anderi Zite gsi! Auso, gäu! E schöne Tag no!»

Um ganz ehrlich zu sein: So schnell bin ich ihn natürlich nicht losgeworden, den redseligen Korporal Penn. Da aber mein Gehirn morgens um viertelnachsieben seine Betriebstemperatur bei weitem noch nicht erreicht hat, kann ich mich nicht an all die schönen Geschichten erinnern, mit denen ich bedacht wurde, und so wollen wir es bei dieser Kurzvariante belassen. Freuen wir uns einfach darüber, dass es auf der Welt Leute gibt, die beim Anblick einer Beckentasche in Wallung geraten. Das macht mich froh.

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Zwei Schlangen bringen keinen Segen

Jetzt reicht’s mir. Ich muss mir Luft verschaffen. Ich bin derart aufgebracht, dass ich kaum weiss, wie ich dieses Thema angattigen soll. Wo beginne ich?

Gestern.

Ich benötigte Geld, wie das ab und zu vorkommt bei mir. Banküberfälle mache ich in meinem Alter nicht mehr so gerne, das ewige Wegrennen ist meinem alten Herz nicht gerade zuträglich, weshalb ich mich entschloss, zur Abwechslung wieder einmal einen Postomaten zu knacken. Ich war aber schon etwas spät dran und entschloss mich deshalb zum ordnungsgemässen Geldabheben.

Am Bahnhof, wo ich die Transaktion durchzuführen beabsichtigte, befinden sich zwei Postomaten nebeneinander. An jedem der beiden befand sich jemand, finanztransaktorisch beschäftigt. Ich tat, was ich in solchen Situationen immer tue: Eine neue Schlange bilden (bestehend aus mir selber), und zwar in der Mitte. Wieso sollte ich rechts anstehen, wenn dann plötzlich der linke Geldabheber eher geendigt hat? Oder umgekehrt?

Solange die Schlange lediglich aus mir alleine bestand, war meine Welt in Ordnung. Nicht lange aber, und es gesellte sich ein weiterer Warter zu mir. Und er hatte das Prinzip der einen Schlange überhaupt nicht begriffen. Er interpretierte meinen Stehplatz wohl als dem rechten Postomaten zugehörig und stellte sich links vor mir hin. Da begann ich bereits, innerlich aufzuschäumen. Für mich war sonnenklar: Wenn der linke Abheber zuerst fertig wäre, würde ich – ungeachtet böser Blicke oder wütender Bemerkungen – stracks zum linken Automaten marschieren und mein Geld holen.

Und so kam es: Der Rechte schleipfte, der Linke pressierte, und so war die linke Postomatengeldabhebeposition vor der rechten vakant.

Aus dem Augenwinkel gewahrte ich, wie mein linker Vordrängler sich anschickte, in Bewegung zu geraten. Da sah ich meine Gelegenheit gekommen, drängelte meinerseits, hob ab und zog vondannen.

Die Moral von der Geschicht›? Vor Parallelpostomaten bilde man eine einzige Schlange! Der Fairness wegen! Nennt mich ruhig Füdlibürger und Spiesser, recht habe ich trotzdem.

Oh, wie buuchet mir dr Glutz, oder: Echli überfrässe hei mr is de no geng

Es war wieder mal so ein Sonntag zum Nichtstun. Den ganzen Tag fast habe ich verschlafen. Und nun, zum Erwachen sozusagen, habe ich mich in die Bahnhofmigros gewagt. Schliesslich braucht man für ein deftiges Raclette auch Speck, und der war gerade ausgegangen.

Weshalb aber, so fragte ich mich schon während des Eintretens in den Laden, müssen alle Leute immer am Sonntagabend genau in der Bahnhofmigros einkaufen? Können die das nicht während des Tages machen? Oder an einem andern Ort? Im Coop zum Beispiel, oder in der anderen Bahnhofmigrosfiliale? Und dann wissen sie nie, was sie wollen, schtürcheln und schtogeln im Laden umenand, grübeln in den Regalen und können sich doch nicht entscheiden, stehen mir im Weg und versperren den Zugang zur Kasse.

Ich rege mich da jeweils tierisch auf, und das ist schlecht für den Kreislauf, der nun einenweg wieder aufs Höchste gefordert ist, mit den Unmengen von Käse, bei deren Verdauung er mitzuwirken hat. Ich glaube, ich lege mich mal hin. Im Liegen ist ein geplatztes Bauchfell angenehmer als im Sitzen.