Ein Bellevuepissoir ist eigentlich ganz normal

Es ist wieder einmal Zeit, aus meinem Leben zu berichten.

Ich befand mich auf dem Nachhauseweg, als die Blase zu drücken anfing.  Da es sich nicht schickt, von einer Brücke zu urinieren, hielt ich nach einer Alternative ausschau, und da ich just das Bellevue Palace passiert hatte, lag diese auf der Hand: Schon seit langem wollte ich wissen, wie so ein Fünfsternehotel von innen aussieht, und so fasste ich mir ein Herz. Ich verstaute den iPod in der Jackentasche, und drückte gegen die Drehtüre.

Eine mondäne Atmosphäre dekadenten Reichtums schlug mir entgegen: Edler Marmorboden, wohlgekleidete Damen und Herren, dezente Klaviermusik im Hintergrund. Da ich es für unangebracht hielt, mein Geschäft direkt in der Eingangshalle zu verrichten, hielt ich mich an die Réception. «Exgüseh, i hane ungwöhnlechi Frag», begann ich, und fuhr demütig weiter: «I mues dringend uf d Toilette, u ha mi gfragt …» Weiter kam ich nicht, denn der aufmerksame (und armanibeanzugte sowie guccibehemdete) Herr verstand sogleich: Hier ist Not am Manne! Er verwies mich mit einer diskreten Handbewegung an die Urinierfazilitäten, die sich unweit hinter einer entsprechend gekennzeichneten Türe befanden. Ich bedankte mich, und begab mich auf den Weg.

Ich trat ein.

Und musste feststellen, dass sich so ein Bellevuepissoir eigentlich  nicht gross von einem handelsüblichen, normalsterblichen Pissoir unterscheidet: Es ist weiss, und die Zeichnung einer Fliege klebt an dem Punkt, wo es am meisten spritzt, wenn der Strahl ihn trifft. Bloss das drumherum ist einigermassen grandios: Untermalt von edlem, grünem Steinboden thront ein bronzenes, eingelassenes Emblem eines Vogels (ein Adler? Ich weiss es nicht genau) bei der Türe im Boden, die Wasserhahnen sowie die (doppelt vorhandenen!) Handtuchspender sind in edlem Gold gehalten, die Seife riecht angenehm und teuer. Das einzige, was nicht so recht dazupassen will, ist der silberne Abfalleimer mit Pedal, der durchaus aus der IKEA stammen könnte, aber weil ich nicht der einzige bin, der zu diesem Zeitpunkt seinem Harndrang auf dieser Toilette Linderung verschafft, kontrolliere ich seine Herkunft nicht.

Erleichtert verliess ich den Ort des Geschehens mit dem Gefühl, ein Stückchen Jet-Set- und High-Society-Luft  geschnuppert zu haben. Man soll sich ja mit wenig zufrieden geben.

Und zum Schluss noch eine kleine Notiz am Rande: Die Uhr am Bundesplatz zeigt nun endlich die korrekte Zeit an. Wurde auch Zeit …

Die Uhr, zum Letzten

… so hoffe ich zumindest, denn ich möchte auch wieder einmal über etwas Anderes schreiben können, als immer nur über diese ewige Uhr am Bundesplatz. Ich hoffe nun, dass mein letztes E-Mail seine Wirkung fachgerecht entfalten kann, und so die Uhr bald — endlich! — die richtige Zeit anzeigen wird. Lies, was ich geschrieben habe:

Sehr geehrter Herr S. (*)

Mit grosser Freude durfte ich letzte Woche feststellen, dass die Uhr am Bundesplatz endlich ersetzt wurde. Ich möchte mich dafür bei Ihnen und Ihrem Team für Ihre Bemühungen bedanken.
Trotz Allem fühle ich mich verpflichtet, Ihnen mitzuteilen, dass die Uhr eine Stunde vor geht. Möglicherweise hat sie bei ihrem Aufenthalt beim Doktor die Umstellung zur Winterzeit verpasst, oder aber sie wehrt sich auch noch 26 Jahre nach Einführung der Sommerzeit standhaft gegen die ständige Umstellerei.
Wie dem auch sei, ich bin überzeugt, dass einer Ihrer Mitarbeiter mit einer geschickten Drehung des Schraubenziehers die Uhr zur Raison bringen kann.

 

Mit freundlichen Grüssen,
Manuel Friedli

(*): Name der Redaktion bekannt

So. Wenn das nicht wirkt, reisse ich die Uhr höchstpersönlich von der Wand. Und montiere eine Sonnenuhr.

Wieder aufs Podest!

Vorbei, aus, fertig. In einem Jahr dann wieder. Bis dahin darf sich die RBB freudig und voller Stolz als drittbeste Brass Band der Schweiz in der ersten Stärkeklasse bezeichnen! Mit der Startnummer 9 spielten wir um 15:07, direkt vor der Pause, und ich war nervös wie immer. Eine gute, tüchtige Montreux-Nervosität hatte mich gepackt, wie alle Jahre.

Viel mehr kann ich dazu gar nicht sagen, ich bin so heiser vor lauter  «Ärr-be-be-be-beeeeeeh» schreien, dass mir jeder Tastendruck im Halse kratzt. Nicht vorenthalten will ich dir aber die Rangliste, die du hier einsehen kannst. Viel Vergnügen, und einen ganz herzlichen Dank an all jene meiner hochwohlgelöblichen Leserschaft, die uns kräftig die Daumen gedrückt haben!

Montreux, wir kommen!

So, fertig lustig, jetzt gilt’s ernst! Wieder ist ein Jahr vorüber, und das kann nur eines bedeuten: Montreux steht vor der Türe! Nun, es steht nicht mehr nur vor der Türe, es ist schon beinahe eingetreten: Morgen, am 24. November, findet der 33. Schweizerische Brass Band Wettbewerb statt, und wie es sich gehört nimmt die RBB daran teil. Um 10 Uhr ist die Verlosung der Startreihenfolge, und irgendwann zwischen ungefähr 13 Uhr und Spätabends kommen wir dran. Drück› uns die Daumen! Wir können’s gebrauchen!

Die Uhr ist da, die Uhr ist da! Nur leider …

Es geschehen noch Zeichen und Wunder!

Ich gebe es zu: Heute Nachmittag beschlich mich eine unweigerlich pessimistische Stimmung, und so vorbereitete ich– falsch. … und so bereitete ich einen Beitrag vor, der kund tat, ich hätte die Uhr am Bundesplatz aufgegeben. Denn des Morgens hatte ich verpasst, zu schauen, ob nun ein Zeitanzeigegerät an selbigem Platz montiert sei, und so dachte ich mir, «bereitisch mau e negative Bitrag vor, de bisch uf dr sichere Site». Jedenfalls fuhr ich dann kurz nach 17 Uhr am Bundesplatz vorbei, und was sah ich? EINE UHR! Und erst noch eine mit zwei Zeigern! Ich war so hocherfreut, dass ich mich um nichts weiter kümmerte, und insgeheim stimmte ich Lobeshymnen auf unsere zuverlässige Verwaltung an. Ja! Bern, das ist eine Stadt, wo auch auf die kleinsten Bürgerwehwehchen eingangen wird! Hier nehmen die Regierenden den einfachen Bürger ernst! Hier kann man sich an jemanden wenden, wenn einen der Schuh drückt! Hier werden Sie geholfen!

So dachte ich.

Spät des Abends fuhr ich noch einmal am Bundesplatz vorbei. Die Uhr zeigte zwanzig nach Mitternacht. Hubis Armbanduhr (und der vertraue ich blind. Blind!) zeigte zwanzig nach Elf. Oh Mann! Muss ich nun morgen schon wieder ein E-Mail schreiben? Langsam komme ich mit doof vor!