Der Stimmenzähler

Wieder einmal war mir vor geraumer Zeit ein Brief ins Haus geflattert, der mich informierte, der Gemeinderat habe mich «für die Abstimmung von Bund, Kanton und Stadt Bern […] als Mitglied eines Stimmausschusses gewählt.». Da ich diesmal keine wichtige Sonntagmorgenprobe hatte, sondern lediglich ein Sonntagnachmittagkonzert, hatte ich keinen Grund, erneut zu fehlen, und ging also hin.

Eigentlich unspektakulär, so eine Stimmenzählete, wenn da nicht die Wahl des Ersatzregierungsrates gewesen wäre. Die «Wahl», meine ich. Kandidiert hat lediglich der Christoph Neuhaus von der SVP, und so kann von Wahl auch nicht wirklich die Rede sein, was manchen Wählern (oder wie nennt man die in dem Fall? Nicht-Wähler? Wahllose?) zu ungeahnter Kreativität verholfen hat:

Noch harmlos war, wenn da zum Beispiel «Ursula Haller» gewählt werden sollte, denn die gibt’s immerhin, und sie macht Politik. Ebenfalls ein lebender Politiker ist «Barack Obama», und auch den «George W. Bush» wollte jemand als unseren Regierungsrat haben. Mir persönlich würde da die ebenfalls vorgeschlagene «Angelina Jolie» wesentlich besser passen! Ebenfalls im Angebot standen «Globi», «Donald Duck», zwei mal «Jim Pans», und auch «James Bond» durfte natürlich nicht fehlen. «Heinrich Himmler» hingegen fand ich bereits an der Grenze zum schlechten Geschmack. Jemand hätte gerne «doof!» gewählt, ein anderer wünschte sich «Frechheit!». Zwei Personen gaben sich wirklich Mühe, und schrieben ein nettes kleines Textli darüber, dass eine Wahl mit nur einer Option ja gar keine Wahl mehr sei, sondern ein Witz, und da haben die ja gar nicht so unrecht, aber item.

Und das waren jetzt bloss die Muster, die von mir oder meinen Nachbarn ausgezählt wurden, und die ich mir merken konnte. Man stelle sich einmal vor, was da schweizweit zusammen gekommen sein muss!

Kling, Telefon, klingelingeling

Düdlüdlüdlü hat das Telefon gerufen, und damit äusserst unsanft Patent Ochsners Föhn unterbrochen, was schon von vornherein einen gewissen Unmut in mir hervorgerufen hat. Mit «Mänu Friedli» meldete ich mich, und wurde mit einem nicht eben schönen Dialekt konfrontiert: «Grüezi, da isch Dschennifer So-und-so vom Forschigsinschtituut Link in Züriii. Mir sueched de Ullrich Friedlii, sind siiie das?» Ja, klar bin ich das, deshalb melde ich mich auch mit einem Mänu vor dem Friedli! Klever kombiniert, Knallfrosch!

Ich verneinte und konnte so die Dame relativ problemlos abwimmeln. So wie heute Mittag, als mir ein Herr von einem Schlüsselverlustanhängerrücksendedienstleistungsanbieter einen ebensolchen Schlüsselverlustanhänger zwecks Rücksendung andrehen wollte. «Nei, i ha no nie e Schlüssu verlore, und ja, i ha scho sone wunderbare Schlüssuahänger», notlog ich. Eine kleine Lüge in Ehren kann nicht mal ich verwehren.

Wer hat Telefonmarketing erfunden? Würde sich die betreffende Person bittesehr gehörig von jemandem verprügeln lassen? Danke!

Ein stolzer Bierpreis

Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich mich ob der schleichenden Bierpreiserhöhung im Huerebibeli aufgeregt habe. Gestern Abend wurde ich mit der Einsicht gesegnet, dass ich mich glücklich schätzen darf, einen Bierpreis von lächerlichen Fr. 18.- bezahlen zu dürfen. Denn es geht noch höher.

Wir waren in Zürich, der Supermetropole, in der alles ein bisschen grösser, lauter, schneller, härter, heller und teurer ist, schliesslich hat man ein GA und kann deshalb gratis und Franko mit dem Zug durch die Schweiz düsen. Dort angekommen stiessen wir im Niederdörfli auf so einen Schuppen mit Livemusik und Gratiseintritt. Ja, nichts wie rein, sagten wir uns, und bestellten mal drei Stangen, lauschten der Musik und wurden dann mit der Rechnung konfrontiert. Siehe selber:

Ja, du darfst deinen Augen trauen: 3 Stangen kosteten uns die stolze Summe von Fr. 27.-. Geht man von einem Stangenvolumen von 3 dl aus, kommen wir so auf einen Literpreis von Fr. 30.-.

Ich sehnte mich nach den günstigen Preisen im Bierhübeli!

In Zürich ist aber nicht nur das Bier ein klein wenig teurer als im Provinznest Bern, auch die türkischen Schnellimbissnahrungsprodukte, namentlich zwei Dürüms, kosteten uns nicht unwesentlich mehr als die in der Heimatstadt üblichen 7 – 8 Franken. Vor dem Nachhausefahren verspürten wir am Bahnhof einen unbändigen Hunger, was uns dazu veranlasste, am dortigen Kebapstand («Da git’s Kebap mit Cocktailsosse! Die si de huere fein!», verkündete Hubi) zwei solcher Nahrungserzeugnisse käuflich zu erwerben. Die Speisekarte verkündete einen Preis von Fr. 9.50 pro Stück, und mit Ach und Krach konnten wir uns dazu durchringen, zuzugreifen. Ich machte die 19 Franken parat, und als es ums Bezahlen ging, hatte ich dann doch zu wenig Geld in der Hand: «Das macht dänn zwäiäzwänzgachzt, bitte», sagte und der Dönermann. Was, wieso? «Wäisch, mir händ en Nachtzueschlag, tuesch du da luege!», und verwies uns auf ein reichlich unprominent aufgestelltes Schildchen, das den 20-prozentigen Preisaufschlag ab 24:00 Uhr ankündete. Schon wieder Pech gehabt in der Hochpreismetropole Zürich.

Da soll mir noch jemand erzählen, mit dem GA sei Geld zu sparen!

Der Jahrhundertraub

«Jahrhundert-Raub in Zürcher Museum» titelte heute eine Schweizer Gratiszeitung. «Oh nein», schoss es mir durch den Kopf, «nicht schon wieder!» Wieder haben skrupellose Diebe ein Jahrhundert entwendet! Als ob das in der Vergangenheit nicht schon genug vorgekommen wäre!

Das Argentinische Tageblatt vom 21. Januar 2006 berichtete ebenfalls von einem Jahrhundertraub, der in einer argentinischen Bank stattgefunden haben soll (Link zum Artikel als PDF), der Focus schrieb am 26. Dezember 2006 über einen 20 Jahre zurückliegenden «Jahrhundertraub» in Saint-Nazaire, und erinnerst du dich noch an den sogenannten Jahrhundertraub anno 1997, bei der Fraumünsterpost in Zürich (kleine Geschichte dazu hier)?

Da kann man sich doch wirklich fragen, was mit all den gestohlenen Jahrhunderten geschehen ist. Google liefert uns ungefähr 935 Treffer für den Terminus «jahrhundertraub». Nach kurzer Multiplikation kommen wir so unschwer auf circa 93’500 entwendete Jahre, um die sich die Menschheit zurückversetzt sehen müsste. Wir befänden uns somit etwa im Mittelpaläolithikum, fräsen Kräuter und erlegten Säbelzahntiger, tränken frisches Bergquellwasser und schlügen uns gegenseitig mit Faustkeilen die Schädel ein.

Unter diesem Gesichtspunkt grenzt es beinahe an ein Wunder, dass ich am Computer überhaupt einen Blogeintrag schreiben kann.

Fasnachtspolizei

An der Fasnacht einen Polizisten zu fragen, woher er denn sein glattes Kostüm habe, ist nicht besonders originell. Ich fragte darum den erstbesten Polizisten, auf den ich stiess, wie oft er bereits gefragt worden sei, woher er denn sein glattes Kostüm habe. Der gute Mann musste etliche Sekunden überlegen, bis er zum Schluss kam, dass ihn dies erst jemand gefragt habe. «Aber es passiert äuä de no unändlech mängisch», fügte er an.

Da war ich mit ihm einer Meinung.

Und nächstes Jahr frage ich dann, wie oft schon gefragt wurde, wie oft jemand gefragt habe, woher das glatte Kostüm komme (indirekte Rede Ahoi!). Ich freue mich jetzt schon.