Bericht aus dem Mittendrin

Das Westside ist eröffnet, und bei dem schönen Wetter packte ich die günstige Gelegenheit, da mal einen Blick von innen draufzuwerfen. Der Besuch begann damit, dass ich, von Natur aus überall ortsunkundig, irgendwo eine falsche Abzweigung erwischt haben muss, und mich unverhofft inmitten hoher Wohnblöcke wiederfand, deren Perimeter zu verlassen sich mit dem Velo zwar schwierig, aber trotz allem nicht unmöglich gestaltete, so dass ich schliesslich wohlbehalten an jenem Platz eintraf, den man, wie ich vermute, den «Gilberte-de-Courgenay-Platz» zu nennen pflegt.

Mein erfreutes Auge erblickte, nicht ohne einiges Suchen, einen Veloabstellplatz. Aber – oh je! – ich begriff ihn nicht! Bestimmt fünf Minuten lang kämpfte ich mit dem Funktionsprinzip dieser hochtechnisierten Einrichtung, bis ich herausfand, dass Fahrräder in diesem Ding nur von der einen Seite eingestellt werden können. Ich fuhr also rundherum, und war nun im Stande, mein Velociped ohne weitere Umstände artgerecht anzupflocken. Ein gar kleiner Abstellplatz ist es zudem noch, der dort den Velofahrern eingeräumt wird. Mögest du ihn hier bestaunen:

Veloständer beim neuen Westside-Zentrum

Nun, da ich mein Velo untergebracht hatte, tauchte ich ein ins Vergnügen. Mein erster Eindruck: «Wo ist denn hier der Eingang?» So ein neues Einkaufszentrum (und Spa und Hotel und Freizeit und Vergnügen und Bahnhof und was-weiss-ich-noch-alles) ist ja schön und gut, aber der Architekt muss ja ein ziemlicher Armleuchter sein, wenn er den Eingang vergisst! Ich irrte kurz umher, und wurde bald einmal belohnt: Dort, wo die Menschenmassen hinein- und herausströmten, das musste wohl der Eingang sein! Ich strömte also dort ein.

Nun nochmal: Mein erster Eindruck: «Laut ist es hierinnen!» Dem Kuno Lauener sein Blatt im Wind wurde regelrecht aus meinem iPod davongeweht, so dröhnten und lärmten all die Menschen um mich herum, und ich musste Züri West noch einige Dezibel mehr spendieren, wenn ich etwas von ihnen mitbekommen wollte. Musikalisch derart ausgerüstet machte ich mich auf die Pirsch und schlich ein wenig durch dieses Konsumparadies. Aufgefallen sind mir als Erstes diese Wegweiser, die dem Besucher das Ziel seiner Wünsche weisen sollen. «Erlebnisbad & Spa» las ich da etwa, und «Cinémas». Und dann: «Food Court». Wiebitte, was?

Wegweiser im Westside

Was, bitteschön, ist ein «Food Court»? Ein Gerichtssaal für Esswaren etwa? Ich wurde nicht schlau daraus, und folgte den Wegweisern. So irrte ich durch eine moderne Welt aus Glas und hellem Stein, und stand unvermittelt vor der Migros. Ich sagte mir, wenn ich schon im neuesten teuersten besten Konsumtempel der Schweiz bin, muss ich auch etwas kaufen! Ich kaufte ein Zahnbürstli.

Weiter ging’s, und endlich kam ich bei diesem sagenhaften Food Court an, der sich schlicht als Ansammlung von Essständen herausstellte, und da ich in diesem Moment nicht hungrig war (ja, das gibt’s!), flanierte ich weiter.

Einen Stock tiefer befinden sich die Kinosäle, und gleich davor ein Autohaus mit zwei, drei Ferraris und einigen Maseratis in der Präsentationshalle. Ein Angestellter in noblem Anzug war emsig damit beschäftigt, den einen Maserati mit einem Lappen auf Hochglanz zu polieren, derweil sich eine aufgebretzelte und stark geschminkte Angestellte mit einem überdimensionalen Staubwedel über die gläsernen Vitrinen hermachte. Ein drolliger Anblick.

Aber eben, die Kinosäle. Wie’s scheint zeigen die dort hunderte von Filmen, so kam es mir jedenfalls vor, und damit sich der Besucher besser orientieren kann, stehen Säulen mit Kreditkartenschlitzen und Touchscreen umenand, wo man sich wahrscheinlich das Billett gleich selber kaufen kann. «Bitte Karte einführen oder Bildschirm berühren» strahlte mir so ein Touchscreen entgegen, und da ich gerade keine Karte dabei hatte, die Lust verspürte, eingeführt zu werden, berührte ich den Bildschirm.

Nichts geschah. Ich tippte noch einmal drauf. Nichts geschah. Etwas vehementer tippte ich abermals. Nichts geschah. Ich tippte nun viele Male hintereinander. Nichts geschah. Jetzt nahm ich beide Hände zu Hilfe, um eine Tipptirade sondergleichen auf den mich immer noch höhnisch anstrahlenden Bildschirm loszulassen, und klopfte den schönsten Paradiddle meines Lebens. Nichts geschah. Da wurde es mir zu bunt, und mit der ganzen Handfläche schlug ich (sachte, versteht sich) auf den Bildschirm ein. Da! Der Schriftzug verschwand, und ich sah mich mit Film- und Platzauswahl konfrontiert, die ich nun aber abbrach, da es ja nicht meinem Ziel entsprach, einen Kinofilm anzuschauen.

Im Übrigen verriet mir ein Blick auf die Freie-Plätze-Bildschirme, dass für jeden Film noch zwischen 150 und 200 Billette zu haben waren.

Nun denn! So ein Ausflug macht müde, und so trat ich die Suche nach dem Ausgang an. Zwar hatte ich immer noch Musik im Ohr, aber nicht derart laut, dass ich nichts mehr von meiner Umwelt wahrgenommen hätte. Und so wurde ich Zeuge davon, wie ein junger Mann zu einer jungen Frau, die sich soeben getroffen hatten, sagte: «… ewig nümme gseh! Du hesch di ja huere veränderet, Mann!» Wäre ich die Frau gewesen, ich hätte ihm so eine geklebt, dass er bis hinter den Horizont gekullert wäre. Es kann für eine Frau schliesslich kaum als Kompliment durchgehen, wenn das Gegenüber verkündet, sie habe sich verändert, und sie zu allem Überfluss noch für einen Mann hält.

Ist gerade ein bisschen lang geraten, dieser Beitrag. Lassen wir es dabei bewenden, und widmen uns dem Znacht. E Guete.

Es ist nicht illlegal!

😀 Was ich schon seit Längerem loswerden wollte (und hier bin ich mir – einmal mehr – nicht sicher, ob man längerem oder Längerem schreibt (dem aufmerksamen Mitglied meiner hochwohlgelöblichen Leserschaft wird die Klein-/Grossschreibungsdivergenz der beiden Worte aufgefallen sein), aber so wichtig ist das auch nicht, schliesslich geht es hier nicht um Grammatik (oder Orthographie (oder andere sprachliche Raffinessen)) sondern um etwas ganz Anderes (und hier bin ich mir der Grossschreibung relativ sicher, zumal ich mich im vorangehenden Nebensatz eines Genitivs zu bedienen wusste, und dies dem Beitrag als Gesamtes eine hochstehendere Note verleiht, als dieser verdient hat), und zwar um Legalität), schreibe ich nun endlich nieder:

Mit Fotobildaufnahmegerät im Kompaktformat ausgestattet machte ich mich vor geraumer Zeit auf den Heimweg und kurvte soeben aus der Velostation am Milchgässli, als mir eine kreidene Inschrift an der Mauer des Burgerspitals auffiel, deren orthographische Unzulänglichkeit mich dergestalt anrührte, dass ich nicht umhin kam, sie (die Inschrift, nicht die Unzulänglichkeit) für die Nachwelt in elektronischer Form aufzubewahren, und diesenzwecks mit erwähntem Fotobildaufnahmegerät im Kompaktformat ein Abbild der Realität in den Speicher bannte. Das Resultat sollst du hier zu Gesicht bekommen, und sei versichert: Wenn du dir zwecks Erheiterung deines Gemütes das Bild auf deinen Heimrechner herunterladen möchtest, so ist das weder illegal noch illlegal, denn ich erlaube es dir ausdrücklich. Here goes:

Grafitti mit leichtem Schreibfehler

Soviel nun mal dazu. Ich hätte noch haufenweise andere Lichtbilder, sehe mich im Moment aber genötigt, der Abwasserreinigungsanlage der Stadt Bern Arbeitsmaterial zur Verfügung zu stellen und verabschiede mich folgerichtig mit hoher Geschwindigkeit Richtung Klo. Gute Nacht!

Auf zur sechsten Saison!

Das Warten hat ein Ende, morgen geht’s wieder los: Ab morgen gibt’s am Montagabend jeweils wieder etwas zu hören, denn morgen startet das Swiss Jazz Orchestra in seine sechste Saison. Jim McNeely wird, so erzählt es die Website, am Piano sitzen, und da ich diesen Jim überhaupt nicht kenne, bin ich gespannt, was er zu bieten hat.

Konzertstart um 20 Uhr in Huerebibeli. Wer kommt mit?

Luzern bringt einen nicht um

Um es vorwegzunehmen: Ich lebe noch. Somit ist also erwiesen, dass man es überleben kann, an einem Samstag um sechs Uhr morgens auf den Zug zu müssen. Denn genau dies war bei mir der Fall.

Denjenigen Richtung Luzern hatte ich zu erwischen, und ich schaffte es sogar auf den 6:00er, worauf ich nicht wenig stolz bin. Ich meine, nicht schlecht, oder, für einen Samstagmorgen!

In Luzern dann kam ich fahrplangemäss um circa sieben Uhr an, wie von unseren Schweizerischen Bundesbahnen ja auch nicht anders zu erwarten war, transportieren die einen doch stets komfortabel, günstig und pünktlich an beliebige Orte im ganzen Land. (Schleichwerbung! Lohnerhöhung!)

Ich hatte eine halbe Stunde fürig, denn ich musste mich erst um siebenuhrdreissig beim KKL einfinden, um die Bühne für den Swiss Open Contest zu paratieren, und so flanierte ich denn noch beim See umenand und hatte hierbei die Gelegenheit, die Stadt Luzern auf elektronisches Zelluloid zu bannen. Nein, nicht die Stadt selber! Das Schiff «Stadt Luzern»! Regelrichtig majestätisch lag es da still und stumm in der Morgendämmerung vor Anker. Siehe!

Das Schiff, nicht die Stadt

Ja, das wär’s auch schon, denn die Musik ruft, und die Probe wartet. Bis dann denn!

Was soll’s …

Wenn ungestraft drei Wochen ins Land gehen können, und drei Wochen oder mehr ist’s nun her, dann wird’s wohl nicht so schlimm sein, und ich muss mir deswegen noch keine grauen Haare wachsen lassen, einmal ganz abgesehen davon, dass mir diese bereits aus allen Schläfen spriessen. So gesehen müsste eigentlich heute an dieser Stelle noch gar kein neuer Beitrag entstehen. Da ich aber morgen bereits um 6:00 den Zug erwischen muss, oder aber um 6:02, wenn ich den 6:00-er verpasse, denn andererzeits fährt keiner nach Luzern, und ich demzufolge, wenn man der stringenten Argumentation nicht abgeneigt ist, heute meinen letzten Abend auf dieser Welt zubringe, finde ich, dass es durchaus gerechtfertigt ist, noch kurz eine, zwei Zeilen in diesem Internet liegen zu lassen, zumal es wohl keinem Zeitgenossen vergönnt ist, sich einen schlauen Reim zu machen auf des Lebens wirre Pfade, und es deshalb doppelt als nur so angebracht erscheint, sich Gehör zu verschaffen.

Gute Nacht.