Eine erstklassige Reise

Der Entschluss, mal einen Abstecher in den sonnigen Süden der Schweiz zu machen, kann auch nicht durch Wasserpfeifenkonsum bis drei Uhr und Züpfenteigkneten bis halb vier Uhr morgens umgestossen werden, höchstens verzögert, und so machte ich mich halt gestern erst um neun Uhr auf die Socken, und weil der Zug erst um 10:02 abfuhr, startete ich erst mal mit einem Milchkäfeli im Tibits. Und just hier war es, als mir der süttigheisse Schreck in die Glieder fuhr: Ich hatte die gebackene Züpfe abzulichten vergessen! Eine beispiellose Serie von auf Facebook veröffentlichten Sonntagmorgenbildern drohte abrupt abzureissen! Jedoch — die Vorsehung meinte es gut mit mir, hatte ich mir doch für die weite Reise ins ferne Südenland praktischerweise mein eigenes Privatzüpfli fabriziert, was nun die Serie weiterleben lassen wird. Gottseidank, was für ein Verlust wäre das für die Menschheit gewesen, Leser, Leserin!

Im Zug dann die Überraschung: Ganz so bequem, wie man sich das immer vorstellt, mit der eigenen Vorzimmerdame und türkischem Dampfbad, ist es gar nicht in der ersten Klasse unserer Schweizerischen Bundesbahnen! Lediglich sind die Sitze ein wenig breiter, und immerhin kann man sich dekadent in den Sitzen fläzen, ohne die Beine unangenehm anwinkeln zu müssen, der ungeheuren Beinfreiheit sei Dank. So verlief die Reise im grossen und ganzen angenehm, und bereits in Olten merkte ich: Es geht gen Süden. Denn hier lag schon kein Schnee mehr.

In Zürich stieg ich um auf den Cisalpino, schnappte mir ein Viererabteil und liess mich bis nach Lugano schaukeln. Daneben sass im Zweierabteil ein älterer Herr, was nicht untypisch ist, trifft man doch vornehmlich ältere, tendenziell etwas korpulente, durchwegs aber allem Anschein nach eher gutsituierte Personen mit leicht abschätzigen Gesichtsausdrücken in der ersten Klasse. Ich bildete da die lobenswerte Ausnahme, aber wenden wir uns wieder meinem Abteilnachbar zu.

Er bestellte beim Essenswägelimann ein Käsesandwich und ein Bier. Beim nächsten Besuch des Wägelimanns erkundigte er sich nach Rotwein. Leider gab es nur Weissen, ob er einen solchen wolle? «Nei, entweder wotti Rote oder gar kene, wüu i cha mis Bier nid uftue!» antwortete er. Da wagte ich es, schnell nach Links zu schauem, um einen Blick auf sein wahnsinnig kompliziertes Bier zu erhaschen. Ich gewahrte eine handelsübliche Heineken-Dose, die der Wägelimann denn auch in Nullkommanichts für den unbedarften Kunden geöffnet hatte. Nun …

Ein wenig später, selber Zug, selbes Abteil, aber halt eben ein wenig später, da torkelte gerade eine ältere Frau, auch sie fügte sich nahtlos in die Umgebung ein, durch den Flur, denn der Zug machte von seinem Neigemechanismus zu diesem Zeitpunkt ausgiebigen Gebrauch. Nachdem sie meinem bierunvermögenden Abteilnachbar beinahe auf den Schoss geplumpst wäre, begann sie ein kurzes Gespräch mit ihm: «Ich nimm immer de Zug wänn ich is Tessin fahr. Das isch ganz en guete Zug, de ghöört ja jetze de SBB, die hend en de Italiänner abkäuft, nöd dass die de äno kaputt mached!»

Ich konnte dem Zusammenhang zwischen «Italienern» und «auch noch kaputtmachen» nicht ganz folgen, und sah mich bereits zum zweiten Mal an diesem Tag gezwungen, mir in Gedanken an den Kopf zu langen. Nun …

Die Ankunft in Lugano erwies sich als erstaunlich warm! Ich wurde empfangen von frühlingshaftem Wetter und ebensolchen Temperaturen. Leider war meine Zeit ziemlich knapp bemessen, so dass es bloss für einen kurzen Spaziergang an den See und einen Espresso an demselbigen reichte, bevor ich mich schon wieder aufmachen musste, die Wolken und den Nebel der Deutschweiz unsicher zu machen.

Von der Rückreise gibt es kaum etwas zu berichten, ausser, dass ich via Luzern nicht direkt nach Bern gelangte, sondern einen Abstecher nach Sumiswald machte, wo die Nobodies ihr zweites Adventskonzert bestritten. Und so kehrte ich schliesslich spät am Abend wieder nach Hause zurück, und wer weiss, vielleicht verschlägt es mich das nächste Mal in den Westen.

Musikalische Kugeln

«Die mache de Musig», belehrte mich das charmante Kassenfräulein gestern Abend in der Migros, als sie die Packung mit den Mozartkugeln über die Piepsmaschine gezogen hatte. Ich schaute sie einigermassen verständnislos an, was sie zu weiteren Erklärungen veranlasste: «Da isch e CD derby, vom Mozart. Das het mr mau e eutere Maa gseit». Achso, auf die beiliegende CD spielte sie an! «Das isch ja schön u guet, aber mir geit’s nume um d Chugle», konnte ich sie beruhigen, schliesslich ist von so einer Ich-liege-einer-Packung-Mozartkugeln-gratis-und-franko-bei-CD wohl nicht sehr viel zu erwarten, und so freut man sich denn beim Erwerb des Konfekts auch mehr auf das Pistazienmarzipan als auf Mozart’sche Arien.

Trotzdem trällern momentan gerade der Figaro und der Pa-Pa-Pa-Pa-Papageno mit der Königin der Nacht um die Wette, die vom Don Giovanni soeben aus dem Serail entführt worden ist. Du siehst, auf dieser CD ist alles drauf!

Und zum Schluss noch dies: Mein GA ist eingetrudelt … morgen geht’s ab auf den Zug, der Sonne entgegen! Hier noch ein Foto davon in der bewährt-grottenschlechten Original-Paparazzo-Qualität:

Dies Plastikkärtchen berechtigt zur freien Fahrt erster Klasse

Die Siedler deluxe

Man gönnt sich ja sonst nichts, habe ich mir gesagt, zudem ist bald Weihnachten und mein Konto ungewöhnlich prall gefüllt, und damit das nicht so bleiben musste, habe ich mir ein Auto gekauft.

So, bist du drauf reingefallen? Ich und Auto, das ist wie Blocher im Bundesrat: geht einfach nicht. Neinnein, natürlich kein Auto habe ich mir geleistet, bloss indirekterweise die wahrscheinlich teuerste Frisur der Welt. Und das kam so:

Eine Frisur kostet beim Coiffeur meines Vertrauens nach wie vor dreissig Schweizerfranken, so auch letzten Freitag. Das war denn auch nicht das Teure daran. Das Teure war bloss die Lage des Coiffeursalons. Der liegt nämlich fast direkt neben dem Drachenäscht, dem Spieleladen Berns schlechthin. Und dort wurde es nun haarig.

Im Drachenäscht gibt es nämlich eine Turbinen-Sonder-Superexklusiv-3D-Limitierteauflage-Edition des Allzeitklassikers Die Siedler von Catan, meinem ganz persönlichen Lieblingsspiel. Bei dieser Spezialausgabe ist nicht nur der Preis exorbitant hoch, sondern die Landschaftskärtchen sind dreidimensional modelliert und alle Figuren handbemalt, und obendrein ist das Ganze in einer hölzernen Schatztruhe verpackt, was dem ganzen Ensemble das gehörige Brimborium verleiht.
«U wennischo bim Cuafi bi, chani ja o no schnäu bim Drachenäscht mau das Super-Siedler go aluege, luege choschtet ja nüt», dachte ich mir also letzten Freitag, und was dabei rauskam, siehst du auf folgenden Bildern. Ich nenne es eine Investition in die Zukunft.

Kleine Zwischenbemerkung am Rande: Ich persönlich finde die Tatsache noch ganz amüsant, dass mich im nächsten Jahr mein 1.-Klass-GA weitaus weniger kostet als dieses Spiel!

Advent, Advent, ein Lied ertönt!

Adventszeit — Werbungszeit! Ich will nicht aus dem Rahmen fallen, sondern mich nahtlos in meine Umgebung einfügen. Diesenzwecks veranstalte ich hier und jetzt einen kleinen Werbeblock.

Und zwar:

Am
Samstag, 20. Dezember 2008
um
20 Uhr
findet in der
Johanneskirche Bern
das traditionelle
Adventskonzert
der
Regional Brass Band Bern
unter der Leitung von
Daniel Bichsel
statt.

Noch Fragen? Ja, klar! Was spielen wir denn so? Nun, wir spielen

Klassiker der Heilsarmee.

Konkret sieht das Programm so aus:

  • Intrada on «Regent Square»
    Kenneth Downie
  • When I Survey
    trad., arr. Olaf Ritman
  • Resurgam (I shall rise again)
    Eric Ball
  • Lamb of God
    Twila Paris, arr. Terry Camsey
  • Jubilance
    William Himes
    Cornet-Solo: Stephan Weibel
  • Peace
    Kenneth Downie
  • Halleluja Parade
    Kevin Norbury
  • Who is He
    Benjamin Hanby, arr. Richard Phillips
  • The Power of your Love
    Geoff Bullock, arr. Paul Terracini

Soviel dazu. Und, sieht man sich?

Dass ich M. M. aus B. mit Sicherheit nicht sehen werde, ist mir vollkommen klar. Nur allzu deutlich hat er mir auf feigem elektronischem Wege seine Unlust kundgetan, ein Konzert zu besuchen, «von einer band, die in montreux gerade mal ZEHNTE geworden ist», wie er sich ausdrückte. Obzwar M. den 10. Rang korrekt recherchiert hat, wohnt ihm eine eklatante Nachlässigkeit inne, die sich in der fehlenden Gross-/Kleinschreibung manifestiert. Auch das kompensativ in Grossbuchstaben gesetzte ZEHNTE vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, dass er achtlos und ohne Rücksicht auf Mitmensch und Umwelt durch das Leben geht. Fürwahr: Wir haben es hier mit einem Paradebeispiel eines schlechten Menschen zu tun.

M., wirst du mir diese Zeilen übelnehmen? Ich hatte dich ja gewarnt … 😉

Pilgern wir Berndeutsch

Heute widme ich mich dem schönen berndeutschen Dialekt. Keinesfalls möchte ich mich dir, Leser, Leserin, als Experte in dieser Domäne aufoktroyieren, obwohl mir jeder, der mich kennt, meine Allwissenheit auf dem Gebiet des dialektischen Sprachaustausches augenblicklich bescheinigen würde, habe ich diese meine Kompetenz doch bei mannigfaltiger Gelegenheit souverän und, ich wage zu behaupten, mit dem Prädikat «ausgezeichnet» unter Beweis zu stellen gewusst, nicht ohne dabei jedoch stets bescheiden und devot durchs Leben zu wandeln, mich den einfachen Dingen des Daseins zu widmen und immerdar auf der Hut zu sein, der dräuenden déformation professionnelle nicht anheim zu fallen.

Pilgern wir nun also auf den verschlungenen Pfaden der berndeutschen Ausdrucksweise, welche sich in Wörtern suhlt, die da lauten figureetle, grümschele oder Schnäbizägg, derweil mich der Duden lehrt, dass die hochdeutsche Sprache so hässliche Wörter wie Fracksausen haben, Kontrahage und Proktospasmus ihr eigen nennt, wobei die Bedeutung des Letzteren akkurat mit dem Klang des Wortes kongruiert. Dann noch lieber eine Revolverschnauze.

Jedoch!, genug gemärt, drosseln wir den Redefluss und lassen die Gedanken langsam abebben, auf dass wieder Ruhe einkehren möge. Denn die Stunde ist bereits fortgeschritten, und so geziemt es sich für mich, dich, Leser, Leserin, deines Weges ziehen und dir deine wohlverdiente Nachtruhe zuteil werden zu lassen. Mögest du dich ergötzen an süssen Träumen und dich laben am erholsamen Schlafe, der dich ereilen wird, sobald du dich in deinem behaglichen Bett aalst.

Bevor Fragen auftauchen: Diese Abhandlung ist gänzlich ohne Influenz von Alkoholika oder andersgearteten bewusstseinserweiternden Drogen entstanden. Zur Produktion mässig-interessanter Schriftartefakte reichen mir ein Duden und ein Online-Thesaurus vollumfänglich aus.

Ich wünsche eine gute Nacht