Si da Zymbale drinne?

Mittwochmorgen, 07:17, Bahnhof Bern, Gleis 7, Sektor B. Ich, schwerst bepackt mit Uniform, Schlägeltasche, Schreibmaschine, Snaredrum, Becken-, Snaredrum- und Notenständer und Beckentasche, habe mich soeben heftig atmend und aus allen Löchern schwitzend hingepflanzt und will gerade etwas verschnaufen, da kommt ein älterer Herr des Wegs. «Si da Zymbale drinne?», frägt er, auf die Beckentasche deutend, und beim Wort Zymbale entfleucht mir beinahe ein Lächeln. Ich denke mir: «Fahr ab, Ätti, i ma nid liire, es isch morgefrüe!» und sage: «Ja, ganz genau.»

Und nun passiert das Unweigerliche, wenn man einem älteren Mann, wahrscheinlich Pensionär, der mit aller Zeit der Welt ausgestattet ist, den kleinen Finger in Form einer freundlich formulierten Antwort darreicht. Er nimmt sich die sprichwörtliche Hand und beginnt zu erzählen:

«Bravo, das isch ganz guet! Ouuu, wüsst dr, wenni Zymbale gseh, de chunnt’s mr i Sinn! I gsehs no ganz genau vor mr. I ha mau bim Zapfestreich – bim Zapfestreich, hähä! – üüüh, dert hani mau eine dernäbe ghoue! Es isch z Interlake gsi, u mir ischer so richtig ab! Da het dr Spiufüehrer hinderegluegt, esoooones Gsicht het er gmacht! Ja, u nam Konzärt hani du mit ihm uf ds KP müesse. «Korporal Penn, i hanech nid öppe ids Spiel gno, damit dir söfel fautsch drischlöht», het er mr gseit! Jaaa, mir si denn 7 Korporäl gsi, 7! Jaaa, gäu, u abverdient hani ja denn z Züri, aber hüt isch ja aues anders. Einisch, z St. Galle, eh, wo itze, dert bir Maggifabrik, oder, nei wart, wie heissts … bir Knorrfabrik, auso, isch ja glich! U mir hei dr bescht Adjutant gha, dr bescht! Einisch hani e Kamerad gfragt: «Het er öich aube o am 2 ir Nacht zum Näscht us gno?» Aber dä het nume gmeint: «Wieso sötter eim Wecke, weme doch schlaft?» Jaaaja, das si äbe scho no anderi Zite gsi! Auso, gäu! E schöne Tag no!»

Um ganz ehrlich zu sein: So schnell bin ich ihn natürlich nicht losgeworden, den redseligen Korporal Penn. Da aber mein Gehirn morgens um viertelnachsieben seine Betriebstemperatur bei weitem noch nicht erreicht hat, kann ich mich nicht an all die schönen Geschichten erinnern, mit denen ich bedacht wurde, und so wollen wir es bei dieser Kurzvariante belassen. Freuen wir uns einfach darüber, dass es auf der Welt Leute gibt, die beim Anblick einer Beckentasche in Wallung geraten. Das macht mich froh.

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Die Leiden des jungen Hausmanns

SCHEISSE, sage ich! Und SCHLECHT! Und: SCHWEINEREI!

Mit der vollen Ladung schönster Sch-Wörter eröffne ich also den Reigen schauriger Schimpfwörter. Und was bringt mich dazu, derart unflätig die Röhren des Internets zu befüllen? Unser Scheiss-Glettyse, das verdammte. Das süderet wie ein Wald voller Affen, und als ob Hemmli gletten nicht schon arg genug wäre, muss das verfluchte Billigding immer derart über den Ärmel oder den Kragen pissen, dass die Chose tropfnass wird und gewiss nie mehr trocknen wird. Da brauche ich pro Hemd gut und gerne mal ein halbes Stündchen länger! Dabei noch nicht mal eingerechnet ist die Zeit, die ich jetzt – zwingend! – für diesen Beitrag aufwenden musste! Es ist eine Souerei, ist es!

Das Bügeleisen der Hölle nennt sich übrigens ganz harmlos und hinterlistig MIOSTAR MI 4000. MIOMIST WÄH 00 würde da wesentlich besser passen. Affenteil, das. Rrrrrregt mi uf!

Ich weiss GANZ GENAU, dass der Herr Herbert Bolliger, der oberste Chef meiner geliebten Migros (denn eigentlich bin ich ja ein Migroskind), bei sich zu Hause sicher nicht mit diesem Dingsbums seine Hemmli glettet. Der würde sich derewäg aufregen, dass dieses Unding schon längst aus dem Sortiment entfernt worden wäre. Oder aber er lässt seine Frau die Hemden bügeln. Oder eine arme Haushälterin. So wird es wohl sein.

So ein Tyrann.

Der so-gut-wie-neue Drahtesel

Vor circa 6 Beiträgen habe ich eine Andeutung gemacht, die ich nun auszuschlachten gedenke. Mein «geflicktes Velo» hatte ich da kurz erwähnt, aber bei einer derartigen Geschichte darf es bei einer kurzen Erwähnung nicht bleiben, da muss was Grosses draus werden, unbedingt! Lasse mich also erzählen.

Erinnern wir uns kurz daran zurück, als ich mir mein damals neues, nunmehr treues Velo zulegte. Freude hatte ich, begeistert war ich, unerschütterlich im Glauben an die Güte, Qualität und Unzerstörbarkeit dieses Velocipeds! Zu Recht auch, denn fahren tut es auch nach fünf Jahren noch ordentlich, und meine Geschwindigkeit ist nach wie vor wahnsinnig, wenn die Reifen hart gepumpt sind.

Und dann kam der Tag, an dem mein Rücklicht nicht mehr so richtig wollte. Statt hell zu leuchten deuchte mich, es glömme eher schummerlich, und als es mir schliesslich zu bunt wurde, brachte ich es – samt Velo – zum Mech und liess gleich noch einen Service machen. Das war vor gut anderthalb Jahren. Als ich dann das Velo wieder abholen wollte, merkte ich beim Wegfahren, dass das Rücklicht keinen Deut besser zündete als vorher. Auf meine Beschwerde hin montierte der Mech das Rücklicht ab, befestigte provisorisch ein batteriebetriebenes am Gepäckträger und versprach, er melde sich, sobald er von der Rücklichtherstellerfirma Bericht bekommen habe, was mit meinem Sorgenkind nicht in Ordnung sei.

Einen oder zwei Tage später dann nahm ich auf dem Heimweg von der RBB-Probe beim Waisenhausplatz eine derart enge Kurve, und lehnte mich derart weit zu Boden, dass mein linkes Pedal kurz aber intensiv funkensprühend über den Boden schrammte, bevor der äussere Teil mit einem lauten *Pling* abbrach. «Schissdräck», dachte ich mir, «aber haub so wiud, gli mues i ja eh wider zum Mech, wägem Rückliecht, de chaner mr de grad no nöji Pedau montiere.»

Das war, wie gesagt, vor gut anderthalb Jahren. Gehört habe ich nie mehr etwas, und mich bei ihm zu melden, das verboten mir mein Stolz und meine Sturheit. Und als nun vor gut drei Monaten das Batterielicht seinen Geist aufzugeben begann, sah ich mich gezwungen, zu handeln.

Zum alten Mech wollte ich nicht mehr. Den finde ich jetzt doof. Weil er sich nicht um mich gekümmert hat. Ich will als Kunde umkümmert werden. Schliesslich müssen wir in der Bude auch bei allem, was wir tun, denken: «U was bringt itz das üsne Chunde?» Man nennt das Kundenorientierung. Ich mag Kundenorientierung. Jedenfalls, wenn ich der Kunde bin. Und beim alten Mech bin ich nun also die längste Zeit Kunde gewesen. Bevor man aber an einem Ort Kunde gewesen sein kann, muss man einen neuen Ort gefunden haben, wo man Kunde sein kann. Und diesen Ort habe ich gefunden: Beim Bikeline am Eigerplatz. Ist eh noch viel näher bei meinem Zuhause. Von zwei Personen war mir dieser Laden empfohlen worden, was für mich mehr als nur Grund genug war, mal vorbei zu schauen.

So schaute ich also und liess meinen Drahtesel in der Obhut vom Röschu. Und ich tat gut daran, denn er hat mir wieder so ein rassiges Supernova-Rücklicht montiert. Und neue Pedale, was den angenehmen Nebeneffekt hat, dass ich mir fortan nicht mehr die Beine blutig kratze, wenn ich mein Velo schieben muss. Wie schön!

Jäger des unerwarteten Schnäppchens

Ich muss erzählen, denn so etwas passiert einem nur alle Jubeljahre einmal. Höchstens.

Beim sinnlosen surfen durchs weltweite Netz hat es mir ein Youtube-Video derart angetan, dass ich mich in meine unbeschwerte Kindheit zurücksehnte, wo ich Nachmittage lang gelegölt habe. «Gelegölt» ist das Partizip perfekt von «legölen» (und nicht etwa: «legegölt», wie man ebenfalls vermuten könnte), und es bezeichnet eine der besten Tätigkeiten, die ein Junge tun kann.

Jedenfalls weckte dieses Video das Kind in mir und ich begann, mich im Internet schlau zu machen, was heutzutage angeboten wird auf dem Markt der Plastikklötzchen. Meine Suche führte mich zum LEGO-Technic-Modell 42009, einem grossen, schönen, gelben Schwerlastkran bestehend aus 2606 Teilen, Zielaltersgruppe 11 bis 16 Jahre, also genau meine Kragenweite.

Für läppische 259 Schweizer Franken wurde der online feilgeboten, als ich mich letzte Woche umsah, und das hielt mich davon ab, gleich den «Kaufen»-Knopf zu klicken. Nichtsdestotrotz gärte der Wunsch in meinem Innersten weiter, und als ich dann am Freitag vor einer Woche zufälligerweise am Ryfflihof vorbeispazierte, zog es mich magisch hinein und schnurstracks zur Spielwarenabteilung.

Ich musste ein wenig suchen, denn wie sich herausstellte, stand da nur noch genau eine Schachtel des Krans im Regal. Allerdings machte mich der Preis stutzig: 199 Franken? Nur? Konnte das dann wirklich das richtige Modell sein? Ganze 60 Franken weniger als im Internet? Ich konnte es mir nicht erklären und wurde wiederum vom Kauf abgehalten. Allerdings notierte ich mir akribisch die Modellnummer und den Preis.

Als verantwortungsvoller Konsument stand mir der Sinn nach einer Zweitmeinung, weshalb ich mich aufmachte, im LOEB den Kran zu suchen. Tatsächlich, auch da hatten sie ihn, allerdings für 259 Franken. Ich fasste den Entschluss, nochmal ein Wochenende über die Investition zu schlafen, und mir am Montag früh gleich einen Abstecher in den Ryfflihof zu gönnen, um mein Portemonnaie zu erleichtern.

Was ich dann auch tat. Ein wenig bang war mir schon, schliesslich war am Freitag nur noch eine Kiste dagewesen, und auf so ein Schnäppchen waren wohl noch andere ausser mir heiss. Aber ich sollte Glück haben: Als ich am Montag vor dem LEGO-Gestell im Ryfflihof auftauchte, standen da ganz viele dieser Kräne, und mir wurde leicht ums Herz. Ich nahm eine Schachtel in die Hand, bewunderte die technische Meisterleistung und sah mich vor meinem geistigen Auge bereits beim zusammenbasteln. Ein letzter Kontrollblick aufs Preisschild– liess mich zusammenzucken. Hatte  es am Freitag nicht 199 Franken gekostet? Und was stand nun da?! Ja, es war eindeutig, die hatten den Preis übers Wochenende korrigiert!

Und zwar nach unten: 109.00 war da zu lesen, satte 150 Franken weniger als online oder im LOEB, und nochmal 90 weniger als am vorderen Freitag! Da nahm ich aber die Beine unter den Arm und spurtete wie vom Güegi gestochen zur Kasse! Eh, klar doch, bevor die sich das nochmal anders überlegen!

An der Kasse dann ging’s rund: Die Dame scannte mit ihrer Robocop-Laserpistole den Strichcode, und die Kasse meldete: SFr. 199.00. Für mich aber kein Grund zur Panik, denn in solchen Situationen pflege ich mein diplomatisches Gespür offen auf den Tisch zu legen und all meinen Charme zu mobilisieren. «Eh, das isch itz komisch, uf dr Packig steit aber 109 Franke», bemerkte ich, worauf die Verkäuferin: «Zeiget mau … hm, ja. Das isch e Fähler!» Ich erzählte ihr, wie ich am vorderen Freitag bereits da gewesen sei und ebenfalls 199 Franken gesehen hätte und mir dann gesagt hätte, dass ich am Montag nochmal käme und dann jetzt eben tatsächlich gekommen sei und mich natürlich riesig gefreut hätte, als ich gesehen hätte, dass es nur noch 109 Franken koste, und das sei ja schon sehr günstig und aber sie müsse das natürlich entscheiden und aber ich würde mich natürlich schon über einen günstigen Kran freuen und so. Wie gesagt, in solchen Situationen kann ich sehr diplomatisch, will sagen: wortreich und überfreundlich werden.

Die Verkäuferin bestellte per Telefon ihre Chefin her. Die kam auch prompt und nahm die Sache selber unter die Lupe. Als erstes kontrollierte sie das Preisschild. Hätte ja sein können, dass ich es selber angebracht habe. Hatte ich aber nicht, und das glaubte sie mir auch. Ob denn auch die anderen Packungen so angeschrieben seien, wollte sie wissen. «Eh, ja, mou, scho, das si si, momou», sagte ich, und schien sie damit ein klein wenig nervös zu machen. Jedenfalls bekam ich den Kran schliesslich für 109 Franken, und die Chefin wies eine andere Verkäuferin an, doch bitte sofort die Preisschilder aller Kräne überprüfen zu gehen.

Und so kam ich in den Genuss einen UUUUU günstigen LEGO-Kranes mit über 2600 Teilen. Mittlerweile habe ich ihn fertig zusammengebaut (6 Anleitungsbücher! 6!!!), und brauchte dafür insgesamt schon etwa 8 Stunden. Und der Kran ist super. Superschön, supertechnisch und supergünstig. Einfach supergeil.

Der gestiefelte K.

Es gibt Tiere, Hunde, zum Beispiel, die sind entweder tollpatschig oder Pechvögel, was aber auf das Gleiche hinausläuft: sie sind immer mal wieder verletzt. Und wenn’s für einmal nicht gerade das Kreuzband ist, dann wenigstens ein Schnitt in der Pfote. Und so ein Schnitt heilt am besten sauber und trocken, was sich – am Pfotenballen! – nur schlecht mit dem feucht-kühlen Herbstwetter verträgt. Die Lösung? Ein Hundeschuh, nach Möglichkeit hoch geschnitten, des umfassenderen Schutzes wegen.

Und so kommt es, dass bei uns zur Zeit der gestiefelte Köter herumspaziert. Siehe:

Der gestiefelte Köter
46.9389087.444726