Von der Diffizilität interkultureller Verständigung

Um zum Kern des Beitrags zu kommen, ist eine kleine Ausschweifung am Anfang leider unumgänglich. Du mögest mir verzeihen.

Ich befand mich am Bahnhof, und musste mal. Da ich keine Lust verspürte, mein Geld bei McClean zu investieren, holte ich meinen bereits in der Vergangenheit vielfach und erfolgreich umgesetzten Plan aus der Schublade, den Plan nämlich, eine Zugtoilette zu benutzen. Ich bestieg also den Intercity nach Zürich, weil das gerade der nächste war, und erleichterte mich. Dass der Zug derweil abfuhr, störte mich nicht, damit hatte ich gerechnet. So kam ich also noch in den Genuss einer ruhigen Abendfahrt um halb Acht.

Da wir mit ca. sieben Minuten Verspätung in Züri-Häuptbahnhoof eintrafen, reichte es mir nicht, direkt den Retourzug zu nehmen, und als ich dann auf der Abfahrtstafel sah, dass der nächste Zug nach Bern keinen Speisewagen haben würde, war der Fall klar: Es musste teure Zürchernahrung ihren Weg durchs Mahlwerk meiner Zähne finden. Immer anbieten in so einer Situation tut sich natürlich ein schön zwiebelstinkiger Döner, und da ich an dem Abend keinen Bedarf an frischem Atem mehr hatte, wollte ich mir so ein Ding gönnen.

Bereits vor einigen Jahren berichtete ich über die exorbitanten Preise, welche in Zürich für ein bisschen Hammelfleisch über die Ladentheke wandern (wobei es sich ja in den allermeisten Fällen gar nicht um Hammelfleisch handelt – bei mir war es heute zum Beispiel 100% Schweizer Kalbfleisch). Und selbstverständlich war ich mir der Tatsache bewusst, dass ich mich damals, vor sieben Jahren, grausam über den Preis aufgeregt hatte. Häufig besitze ich ja die bewundernswerte Sturheit, ein Lokal zu meiden, wenn mich der Preis – oder die Freundlichkeit der Bedienung, siehe hier – unangemessen dünkt. Heute aber liess ich mal fünf Gerade sein, und sah grosszügig über die Tatsache hinweg, dass ich im Begriff war, eine Handlung von eklatanter Inkonsequenz zu bestreiten.

Der Mensch wird eben alt und gleichgültig, und so steuerte ich den Dönerstand im Bahnhof an, den bei Gleis 16.

Und nun kommen wir langsam endlich zum Kern des Beitrages, der interkulturellen Verständigung. In diesem Falle handelt es sich um die Kommunikation zwischen einem Berner – mir – und einem Zürcher – dem Dönermann -, welcher aber, ganz untypischerweise für einen Dönermann, nicht einen Dönermannakzent hatte, sondern wirkliches Züritüütsch sprach («schönes» Züritüütsch zu schreiben habe ich nicht übers Herz gebracht). Sein Namensschild wies ihn denn auch als «Marc» aus, und nicht als «Yilmaz» oder «Özgür».

Wie gesagt trat ich an die Theke des Dönerstandes und bestellte «Es Dürüm, bitte.»«Dürüm? Also im Fladebrot?» «Ja, genau.» «Geeern. Wänzi ales drii?»«Ja, mit auem, bitte.»«Wänzi ä scharf?»«Ja, scharf o, bitte.»«Wänzis grad ässe?»«Ja gärn, grad zum ässe, bitte.»

Huiuiuiui, bei soviel wänzi-wänzi wurde mir ein wenig schwummerig. Und wieso siezte mich der Herr? Wenn ich in Bern beim Dönerladen meines Vertrauens ein Dürüm bestelle, dann wird da geduzt, und das ist auch gut so! Sehe ich etwa wirklich so alt aus? Wahrscheinlich.

Während ich also so vor mich hin sinnierte, machte sich der fleissige Marc ans Werk: Fladenbrot in den Ofen, Fladenbrot aus dem Ofen. Dann: Einen riesigen Haufen Tomaten drauf. Ich fragte mich schon, wie da noch etwas anderes nebendran Platz finden sollte, aber item, war ja nicht mein Problem, das Büschelen der Zutaten lag eindeutig in seinem Aufgabenbereich. Dann ein Haufen Salat. Dann Zwiebeln. Dann Rotkabis. Dann Cocktailsauce, dann Joghurtsauce, dann noch so eine rote Sauce, dann noch das Scharf-Pulver. Und zuoberst dann noch das Fleisch.

Und zum Schluss – obwohl ich doch «grad zum ässe, bitte» bestellt hatte, wickelte er den vollgestopften Teigfladen in lagenweise Alufolie ein, steckte das Ungetüm in einen Papiersack und überreichte mir diesen. So ein Lööli, wozu fragt er dann überhaupt, ob ich’s gerade essen wolle, wenn er’s ja doch verpackt, als müsste es einen Atomkrieg überstehen!? Es zeigte mir diese Begebenheit: Die kommunikativ-kulturellen Unterschiede zwischen Bernern und Zürchern scheinen wirklich gross zu sein.

Und auch die pekuniär-monetär-finanziellen Unterschiede: Zehnfrankenfünfzig kostete mich der Spass! Allerdings war der Preis durchaus gerechtfertigt: Noch nie in meinem Leben hatte ich auch nur annähernd so einen grossen Kebap zu bewältigen, und seine schiere Grösse liess mich dann derart lange kauen, dass ich beinahe noch den Zug nach Bern verpasst hätte, denn in der ersten Klasse ist es alles andere als schicklich, mit Kebapsauce die Sitzpolster zu beträufeln, weswegen ich mich für den Konsum auf dem Perron entschied. Am Ende reichte es mir zum Glück dann doch.

Obwohl, wenn ich noch eine weitere halbe Stunde hätte warten müssen, hätte ich mich ja mit dem Döner-Marc unterhalten können. Zwecks Abbau interkultureller Barrieren. Naja, vielleicht nächstes Mal.

Gute Nacht.

Jazz-Jam!

Woooow! Nun kenne ich meine zukünftige Dienstagabendbeschäftigung!

Eigentlich war’s ja nichts als Zufall: An der Litfasssäule sah ich ein Be-Jazz-Plakat und machte zur Erinnerung eine Foto davon. Denn es heisst eine Foto, weil’s von Fotografie kommt, und denjenigen möchte ich erstmal kennenlernen, der das Fotografie sagt. Item.

Die Foto erinnerte mich jedenfalls beim nächsten Start des Computers daran, die Be-Jazz-Website zu besuchen. Und genau da stiess ich durch reinen Zufall auf den Hinweis, dass jeden Dienstag ab 21 Uhr im 5ème étage der Tuesday-Jazz-Jam stattfinde. «Geisch mau ga luege», sagte ich mir also heute, und ich hätte es tatsächlich nicht besser machen können!

Nicht nur, dass man da per Zufall auf einen alten Freund aus universitären Zeiten trifft, nein, beim Erwerb eines Getränks nach Wahl gibt es eine Portion Risotto dazu, die sich gewaschen hat, und da man ja geng no 2, 3 Bier gno het, kam ich also in den Genuss eines vorzüglichen Znachts.

Aber das ist es ja gar noch nicht wirklich: Da wird gejammt, was das Zeug hält! Jazz-Standards obsi u absi! Wer will, betritt die Bühne und spielt, Lukas Thöni war da und hat – wie nicht anders zu erwarten war – brilliert, es war fantasmisch! Aber auch all die anderen, deren Namen ich mir entweder nicht merken konnte – denn das ist so ein bisschen mein Handicap: Namen merken -, oder die gar nicht namentlich erwähnt wurden, weil das da nämlich in vollkommen ungezwungenem Rahmen stattfindet, die haben unglaublich gejazzt, gegrooved und gesoliert, mich hätt’s glatt aus dem Sessel gelüpft, wäre ich nicht so feiss! Wahnsinn!

Ebenfalls anwesend waren der legendäre Rico Baumann und der fabelhafte Klaus Widmer, aber gespielt haben sie leider nicht, jedenfalls so lange ich da war. Als ich mich nämlich nach den Zwülfen mal verabschiedet habe, war der Jam noch voll im Gange. Gut möglich also, dass nach meiner Zeit noch jene des Baumann oder des Widmer gekommen ist, ich weiss es nicht.

Den Rico kann ich jetzt noch ein wenig geniessen. Und zwar ab Konserve, mit 70% Wasser von King Pepe & Le Rex. Bei Le Rex ist der Rico mit dabei, nämlich. Und der King Pepe, abgesehen davon, der ist nämlich auch eine vollkommene Kanone! Was der für Texte schreibt, das glaubt einer alleine gar nicht. Den muss man wahrscheinlich live erleben, um das vollständig erfassen zu können.

So, genug geplappert.

Gute Nacht!

Der Chlupf

Ich deutete an, also muss ich schreiben.

Und zwar den Nachtrag zum Papiliorama-Besuch. Natürlich besuchte ich nicht bloss das Papiliorama, denn wenn man schon mal dort ist, dann gehört auch ein Besuch im Nocturama mit dazu. Dort ist es dunkel und schummrig und deshalb gefürchig, und wer schon mal mit mir im Kino war, wo ein Horror-Splatter-Thriller lief, der weiss, dass ich bei dunkel-schummriger Stimmung mitunter zu einer leichten Schreckhaftigkeit neige, die sich auch schon mal in einem lauten Schreckensschrei manifestieren kann.

Ich wandelte also durch die Dunkelheit und machte beim Faultier einen längeren Halt. Die possierliche Kreatur hatte sich nämlich gerade entschieden, sich zu bewegen: Gemütlich hangelte sie sich am Ast entlang in Richtung einer Fensterscheibe, vor der ein Netz gespannt war. Dann begann der faule Kerl mit seinen Klauen am Netz zu klauben und zupfen und reissen, und für einen Moment sah es ganz danach aus, als wolle er sich daran herunterhangeln.

Was er dann aber nicht tat, sondern wieder in lethargischen Schlummer verfiel. Mir wurde auch allmählich lethargisch zu Mute, und so wandelte ich weiter, immer noch durch die schummrige Dunkelheit, durch einen niedrigen Tunnel, der vom Faultiergehege weiter führte. Wohl gewahrte ich die etlichen Fledermäuse, die in den Höhlen der Tunneldecke gemütlich kopfüber hingen, aber das macht mir ja nichts aus. Sollen sie doch hängen, wie sie wollen, die kleinen Fledermäuslein, das sind ja liebe Tiere, die tun einem nichts, und die sind ja auch gar nicht wach, nein, die schlaAAAAAAAH!– wäre es mir beinahe entfahren, hätte ich nicht glücklicherweise den Mund geschlossen gehabt, als mir so ein Flattermann keine zwei Millimeter über die Frisur düste! Die Lethargie war verflogen, und obwohl man im Nocturama ganz still sein muss, klopfte mir mein Herz mit gefühlten 110 dB(A) bis zum Hals. Und das in meinem Alter!
Ich machte mich hurtig von dannen. Muss mir doch nicht von irgend einer dahergelaufenen Maus in Batmankostüm meine Frisur versauen lassen, also ehrlich! Freche Viecher, das!

Trotz allem hatte ich dann keine bösen Träume, sondern eine

Gute Nacht.

100 Jahre Jungfraubahn

Er sei ein wenig enttäuscht, liess er mich wissen, dass ich noch nichts berichtet hätte von meinem Ausflug. Immerhin sei doch die Aussicht dort oben wunderschön – so denn das Wetter mitmache – und sowieso, an dieser einmaligen Stelle einen Geocache zu heben, das sei doch mindestens einen Beitrag wert!

Naja, ein bisschen ein Gränni ist er schon, der surech, aber wo er recht hat, hat er recht, das muss ich zugeben. Die Aussicht ist bei schönem Wetter tatsächlich sehr ziemlich imposant, und seinen Geocache musste ich eine ganze Weile suchen, bevor ich ihn fand. Also schreibe ich jetzt halt etwas und kann erst noch ein Föteli oder zwei von dieser schönen Aussicht in Aussicht stellen – von der Aussicht vom Jungfraujoch obenabe, nämlich!

Es sind jetzt auch schon 10 Tage vergangen, seit dem ich um 6:04 (morgens!) in Bern den Zug bestieg. Ich hatte mir vorgenommen, am Bahnhof noch ein Gipfeli für auf den Weg zu erwerben, dabei aber ausser Acht gelassen, dass am Bärzelistag selbst die Geschäfte im Bahnhof erst um 7 Uhr öffnen. Spiut nüt, nimmsch eis ar Minibar, sagte ich mir und bestieg den Zug.

Dass dieser Zug gar keine Minibar hat, merkte ich nach einer Kontrolle auf der fabulösen SBB-Mobile-App. Macht gar ke Roue, geisch dr eis im Spyyswage ga schnappe, nahm ich mir vor.

Dass der Speisewagen aber gar nicht geöffnet hatte um diese nachtschlafene Zeit, merkte ich sofort, als ich ihn betreten wollte, und nahm damit Abschied vom Gedanken an ein Zmorgegipfeli mit weckendem Begleitkaffee. Ehnu.

Die Fahrt aufs Joch gestaltete sich unspektakulär. Wenngleich eine Tatsache durchaus der Erwähnung bedarf: Im Zügli von der kleinen Scheidegg ganz nach oben, da gibt’s Durchsagen in aller Herren Sprachen. Zuerst natürlich auf Deutsch, eine schöne, sonore Männerstimme: «Herzlich willkommen in der Jungfraubahn aufs Jungfraujoch, wir wünschen Ihnen eine schöne Fahrt, unterwegs machen wir zwei Stopps, wo Sie bei schönem Wetter Gelegenheit erhalten, die wunderschöne Aussicht zu geniessen undsoweiterundsofort.» Dann auf Französisch, eine angenehme, samtene Frauenstimme: «Bienvenue à bord, patati-patata.» Und auf Italienisch, mit einer rassigen südländischen Frauenstimme. Und auf Englisch mit einer edlen, tenorigen Männerstimme.

Und dann der Schock auf Japanisch: «Konnichiwa!!!» krächzte ein offensichtlich ungefähr 14-jähriges Schulmädchen aus dem Lautsprecher, mit derart quirlig-aufgedrehtem Geplapper, dass an Ernstnehmen der Durchsage nicht mehr zu denken war. Was haben die Japanesen bloss für ein Faible für kleine Schulmädchen, dass diese sogar den Ansagen in Touristenzügen ihre Stimme leihen müssen!? Man weiss es nicht.

Die restlichen Durchsagen habe ich nicht mehr einordnen können, aber es mag Chinesisch, Koreanisch und Indisch gewesen sein. Jedenfalls muss es beim Turmbau zu Babel etwa so geklungen haben, wie tagtäglich in der Jungfraubahn.

Oben angekommen, schoss ich erstmal einige Fotos und begab mich alsdann auf die Suche nach dem erwähnten Cache. Links und rechts suchte ich, oben und unten, aber sonder Erfolg. Dann suchte ich noch hinten statt vorne – und siehe da, das Böxchen hatte es sich in einer gut getarnten (aber keineswegs unmöglich aufzuspürenden) Nische gemütlich gemacht. Nun aber flugs hervorgezerrt, im Büchlein unterschrieben und schnell wieder versorgt!

Ich besuchte noch schnell den Eispalast, und nach einem wärmenden Glühwein – immerhin war es einige hundert Grad unter Null, höchstens! – machte ich mich wieder auf ins Tal, denn soooo spannend ist es da oben nun auch nicht.

Dem gewogenen Leser seien hier noch die ein, zwei versprochenen Bilder ans Herz gelegt. Einmal darfst Du raten, welches davon nicht von diesem, sondern von einem früheren Ausflug stammt, bei dem das Wetter schitter bis bitter war.

Einen Nachtrag zum letzten Beitrag hätte ich noch, allerdings könnte ich den auch benutzen, um daraus einen weiteren Beitrag zu konstru- und komponieren. Deswegen lasse ich es für heute gut sein und wünsche eine

Gute Nacht!

Zufrieden, Herr surech?

14 wichtige Erkenntnisse in Bildern

Ein Besuch im Papiliorama zu Kerzers bringt Erkenntnisse:

  1. Früher nannte man Schmetterlinge Milchdiebe.
  2. Feuchte Luft verträgt sich schlecht mit der Objektivlinse. Fotos werden milchig:

    Milchig. Passt auch zu einem Milchdieb!

    So ist der Fotograf halt zu Engelsgeduld verdammt. Was gar nicht seine Stärke ist.

  3. Hat er dann aber artig seine Kamera akklimatisiert, so hat sich das Warten gelohnt:

    Geduld zahlt sich aus. Oder regelmässiges Linsen-putzen.

  4. Schmetterlinge ruhen sich auch gerne mal auf dem Boden aus, so dass durchaus Vorsicht angebracht ist, wo man hintrampelt:

    Pass auf, du!

  5. Oder aber sie machen ein Nickerchen im Blattwerk:

    Eine kleine Verschnaufpause im Blattwerk.

  6. Oftmals sind sie aber einfach am Saufen:

    Der hat sich einen Drink verdient.

  7. Manche benutzen auch einen gebogenen Trinkhalm dazu:

    Der trinkt mit gebogenem Röhrli.

  8. Und wenn sie fertig gesoffen haben, rollen sie ihren Rüssel feinsäuberlich wieder ein:

    Man muss den Rüssel ja nicht immer raushängen lassen.

  9. Und dann gibt es hübsche Schmetterlingsdamen mit unendlich langen Beinen:

    Ohoo!

  10. … was natürlich unter den streitbaren Männlein zu brutalen Balzkämpfen führt. Mit erschütterndem Resultat:

    Dem hat’s die Flügel verrupft.

    Und der ist gelocht.

  11. Andere wiederum interessieren sich wohl eher für die Abfahrt am Chuenisbärgli als für Frauen, und haben darum die extralangen Antennen für besseren Fernsehempfang ausgefahren:

    Mit denen hat er sicher top Empfang!

  12. Aber nicht nur Sommervögel hat es im Papiliorama, sondern auch echte:

    Quak!

  13. Und vor dem Papiliorama hat’s sogar deren prächtige:

    Rädchenschwingen war nicht drin heute.

  14. Es gibt aber nicht nur Schönes zu schauen, sondern auch Schlaues zu lernen, zum Beispiel über Tropenholz. Und so war ich nicht wenig erstaunt, folgendes Holz kennenzulernen:

    910 kg/cm³!?

    Dessen Dichte übertrifft sogar die von Iridium oder Osmium um ein Mehrfaches. Eindrücklich!

14 Erkenntnisse dürften für einen Tag reichen. Darum:

Gute Nacht!