Eine Audienz beim König

Bad Bonn. Bereits der Name des Lokals macht einen neugierig, was da wohl zu erwarten sei. In Düdingen befindet sich das, wobei: in Düdingen kommt einer masslosen Übertreibung gleich. Denn vom Bahnhof sind es – die diversen unfreiwilligen Umwege eingerechnet – gut 20 Minuten zu Fuss. Und das bei bitterer Eiseskälte.

Und weswegen tut sich ein vernünftiger Mensch das an, bei arktischen Temperaturen durch den Gaggoo zu wandern, um an einem dem landläufigen Stadtberner gemeinhin unbekannten Ort zu landen? Die Antwort liegt auf der Hand: Des Königs wegen! Des Pfefferkönigs wegen, um genau zu sein. Pfefferkönig? fragst du. Lasse mich ausdeutschen: King Pepe nennt sich dieser Artist berndeutscher Mundartmusik, und zusammen mit Le Rex gastierte er am Samstag in besagtem Bad Bonn, mit dem einzigen Zweck, mir einen unvergesslichen Abend darzubieten.

Der Pepe, das ist einer, für den es sich lohnte, noch weitaus weiter als nur bis ins nahegelegene Düdingen am schönen Schiffenensee zu pilgern, denn live ist er noch mal einen Zacken knackiger als ab Platte, sei sie nun aus Schellack, Vinyl oder Polycarbonat. Für den Pepe, glaube ich, würde ich sogar in die ferne Ostschweiz schweifen. Denn der Pepe ist super.

Das Publikum war zwar nicht überragend zahlreich, trotzdem herrschte Bombenstimmung, was ja auch nicht weiter verwundert, denn Le Rex – mit einem Arno Troxler als Ersatz für den in New York weilenden Rico Baumann am Schlagzeug und einer den legendären Andreas Tschopp an der Posaune vertretenden Nina Thöni – rockten wie die wilden, und Pepe ging während Pepe gschpürt Liebi derenweg ab wie ein Zäpfli, dass er gar mit der Gitarre seinen Mikrofonständer zu Boden warf. Einer geistesgegenwärtigen den Ständer wieder aufstellenden Konzertbesucherin aus der ersten Reihe war es zu verdanken, dass Pepe nach seinem Trompetensolo zeitgerecht weitersingen konnte. Alles in allem also eine Höllenshow, die leider nach viel zu kurzer Zeit bereits zu Ende war. Immerhin gelangten alle Stücke ab 70% Wasser zum Vortrag, und das mochte mein Herz erfreuen.

Klar, dass ich da den Merchandising-Stand nicht nutzlos herumstehen lassen konnte, und so bin ich nun stolzer Besitzer eines edlen King-Pepe-Stofftaschentuches mit güldener Stickerei. Siehe:

Ein vornehmes Tuch, gewoben aus edlem Zwirn, geziert von güldenem Gesticke!

Und weil’s so schön ist, noch eine Detailaufnahme:

Eine königliche Stickerei

Wow! Gute Nacht!

Obacht ist geboten!

Als wäre Juliens Geburtstagsfest nicht bereits ereignisreich genug gewesen, bin ich auf dem Nachhauseweg Zeuge eines Ereignisses geworden, wie ich es noch nie erlebt habe und wohl so bald auch nicht mehr erleben werde. Kein Wunder, muss ich das Ganze unmittelbar in einen literarischen Erguss münden lassen! Zumal ich seit heute die Gewissheit habe, mindestens zwei Personen zum erlauchten Leserkreise meiner elektronischen Lektüre zählen zu dürfen. Ich entbiete ihnen – einem Zugfan und einem Aargauer, beides aber gestandene Mannsbilder und Informatiker – meinen besten Gruss!

Nun aber: Höre, lese!

Es mag ungefähr nach vier Uhr des Morgens gewesen sein, als ich – wie gesagt auf dem Nachhauseweg – gemütlich dahinspazierte. Es kam mir so ein orangenes Schnee-Schnutz-Traktörli entgegen, wie sie, wenn es dicht schneit, was heute Abend der Fall war, so ihre Bahnen zu ziehen pflegen, und schnutzte den Schnee vom Trottoir.

Da, plötzlich, circa zehn Meter entfernt von mir, spickte – poingg! – ein rundes Etwas von der Grösse einer Familienpizza vorne von der Schneeschnutzschaufel weg und flog in hohem Bogen auf die Strasse. Dem Traktörlifahrer schien das nicht aufgefallen zu sein, denn der fuhr unbeirrt weiter, und als ich dann am Ort des Geschehens eintraf, gewahrte ich ein kreisrundes Loch im Boden, mit einem Schacht darunter, der mit einem Kabelgewirr sondergleichen angefüllt zu sein schien. Und als ich dann die Familienpizza auf der Strasse näher untersuchte, war mir klar, dass dies mitnichten eine Pizza war, sondern ganz einfach ein Senklochdeckel, der von der Schaufel auf irgend eine Geissart aufgelüpft und davongespickt worden war.

«Vrruckt, weme dänkt!» dachte ich mir, und konnte das ja wohl kaum so im Raum stehen, beziehungsweise auf der Strasse liegen lassen. Ich schnappte mir also den Deckel und war gesinnt, ihn wieder aufs Loch zu legen, denn man stelle sich einmal vor, es käme ein Blinder auf seinem allabendlichen Spaziergang daher, und der sähe das Loch ja nicht. Verletzungsgefahr allenthalben! Daher mein Ansinnen, die gefährliche Senke fachgerecht zu verschliessen. Aber obwohl jeder Deckel irgendwo seine Pfanne hat, wie das Sprichwort so schön sagt, wollte es mir beim besten Willen nicht gelingen, das Senkloch zu stopfen. Irgendwie klemmte es, und so gab ich nach einer gefühlten Stunde frustriert auf.

Nun liegt also irgendwo in der Stadt Bern ein Senklochdeckel halbbatzig auf seinem Loch und harrt einer unachtsamen Person, welche er mit Bänderriss oder Misstritt in die nächste Notaufnahme katapultieren kann. Also Obacht beim städtischen Schneewandern!

Im Wissen darum, mein Bestes gegeben zu haben, kann ich nun aber immerhin beruhigt schlafen gehen.

Gute Nacht!

Fussgelenkmuskelkater

Muskelkater am Fussgelenk! Das soll mir erst mal einer nachmachen!

Najaaa, nicht genau am Fussgelenk zwar, und ob es Muskelkater ist, weiss ich auch nicht. Aber Sehnenscheidenentzündung am Schienbein ist doch eher unwahrscheinlich.

Jedenfalls kommt das vom durch-den-meterhohen-Schnee-stapfen, der zur Zeit die Strassen Berns bedeckt. Denn da muss man zünftig die Füsse lüpfen beim Spazieren, und das macht mir als passioniertem Schlurfgänger gehörig zu schaffen. Drum habe ich nun also diese Schmerzen im unteren rechten Schienbein. Aber immerhin könnt nun all ihr Spötter getrost höhnen: «We de scho nid muesch schaffe – du Bündeler! -, de hesch itz wenigschtens öppis, wo dr z’schaffe macht!» Iu, danke. Da kann ich wirklich nur noch sagen:

Gute Nacht!

Geschichten aus dem Bus

Ich stieg in den Bus, noch 9 Minuten bis Abfahrt, und setzte mich ganz hinten hin. Da stieg ein anderer ein, gewisse Leute würden ihn wohl einen Randständigen nennen, andere vielleicht Penner, ich aber sage: ganz im Gegenteil, das war einfach einer, der weiss, wie der Hase läuft, denn beim Einsteigen rief er seiner draussen wartenden Freundin lautstark zu: «I warte itz ämu sicher nid voruss, es isch huere Chaut, u dä dahie fahrt ja ersch i 8 Minute, u üse ersch i 10!»

Hesch rächt, dachte ich mir, und als er sich dann neben mich setzte und noch mal «Sicher früüreni mr nid da usse dr Arsch ab» vor sich hinbrummelte, sagte ich zu ihm: «Du hesch rächt!»«Gäu!?»«Ja eh! I miech das ömu o so.»«Ou, dasch guet! Wart, säg ere das grad säuber!»

Und schon gestikulierte er wie wild in Richtung seiner Freundin und bedeutete ihr fuchtelnd, mal näher zu kommen, obwohl ich abwehrte: «Nenei, isch scho guet, wott mi da nid iimische.»

Trotzdem liess er es sich nicht nehmen, seiner Freundin wenigstens noch ein «Uuuh, isch das schön warm hie inne!» durch die geschlossene Türe zu zurufen.

Er setzte sich wieder. «Was büglisch de du?» wollte er von mir wissen. «Informatiker», antwortete ich, und jetzt ging’s los: «Ah, de chani di öppis frage! I ha deheim e Computer, u da wetti itz sone Funkwäuenempfänger inschtalliere. Sone SRT-Empfänger.» Leider konnte ich ihm nicht weiterhelfen, wusste ich doch nichtmal, was ein SRT-Empfänger überhaupt ist.

«Okay. De chasch mr vilech säge, werum mis Handy nid geit, woni mr hüt kouft ha. Kennsch di us mit Handys?» Mein «Mässig bis soumässig» enttäuschte ihn schon zum zweiten Mal. Daraufhin wollte er wissen, was denn so mein Schwerpunkt sei, was ich wahrheitsgetreu mit «Programmiere» beantwortete.

«Hm, de machsch du so Programm für Prozässe, oder wie?»«Ender gäge weni. I programmiere eigentlech Website«, was ja nicht ganz unwahr ist.

«Aaah. Wi mues i de das mache, wenn i o e Website wott?» Super. Was für eine Frage. «Chunnt haut ganz drufa, was de genau wosch», versuchte ich meine Haut zu retten. «Eeh – dass me mi fingt, weme uf mini Adrässe klickt. So mit Föteli. U chli kreativ sy.»

Schon wollte ich mit erklären beginnen, dass es da fixfertige Software gebe, die man einfach auf dem Server installiere, und dann könne man Fotos hochladen und kreativ sein nach Lust und Laune, kam aber nicht mehr dazu. «Är fahrt ab!!!» schrie seine draussengebliebene Freundin und meinte mit är zweifelsfrei den Bus. Mein neuer Freund juckte auf und verliess mit einem «E schöne no» fluchtartig den Bus. Ich hörte ihn draussen noch sagen: «Uuuuuuh, das isch itz schön warm gsi dert inne!» und dann fuhren wir auch schon ab.

Aus dramaturgischen Gründen nicht wiedererzählt habe ich jetzt, was der Mann, als er noch zur Schule ging, einmal mit einem Trolleybus angestellt hat, als ihm dieser vor der Nase wegfuhr. Nicht nur aus dramaturgischen Gründen nicht, sondern auch, um nicht zur Nachahmung anzustiften. Schliesslich will ich nicht daran Schuld sein, wenn fortan allen zu früh abfahrenden Trolleybussen die Stromabnehmer an den Schnüren heruntergerissen werden, so dass der Chauffeur hocherzürnt dem Missetäter bis zum Rosengarten nachrennen muss.

Jäja, das sind Geschichten! Die machen müde! Darum:

Gute Nacht.

SJO minus Rico – geht das?

Es war ein wunderbarer Abend, zweifelsohne! Gut, was könnte ich auch anderes schreiben über eine Monday Big Band Jazz Night im Hübeli. Das ist inmer wunderbar. Heute war eine Tribute-Night to Pat Metheny angesagt, und es hat von vorne bis hinten gerockt!

Bis zum Zeitpunkt, an dem Till Grünewald die Band ansagte.

«Itz chömemer zum letschte Stück, u i möcht wi immer zu däm Zytpunkt d Band asäge. Eine vo üs het hüt si letscht Uftrit gha mit üs, är geit uf New York u mir wärdene vermisse. Es isch niemer anders aus dr Noisy Bastard in the Back, dr Rico Baumann!» tat er dem Publikum, in dem auch ein sprachloser und zutiefst schockierter fritteli sass, kund. Was, wiebitte? Rico Baumann verlässt das SJO!? Das geht doch nicht!

Im Sommer komme er dann wieder, fuhr Till fort, und sie überreichten ihm nur deshalb jetzt kein Geschenk, weil man bis dahin ja auch gute Aushilfen finden werde.

Ich gebe zu: Wenn die Aushilfe Pius Baschnagel heisst, kann man den vorübergehenden Verlust tatsächlich einigermassen verkraften.

Aber was wird dann zum Beispiel aus Le Rex? Wer trommelt dann da für unseren Pfefferkönig, den King Pepe? Wenn die am 13. Februar in Spiez spielen, sind sie dann rhythmuslos? Ich wage gar nicht dran zu denken. Ich will es mir auch gar nicht vorstellen. Lieber überzeuge ich mich selber davon, dass sie auch ohne Rico eine gute Musik machen. Es bleibt ihnen ja zum Beispiel noch der Andreas Tschopp, und der rhythmisiert ja auch ganz schön gewaltig auf seiner Trombone.

Man wird sehen.

Mir bleibt nun nicht viel anderes, als dir etwas zu wünschen. Und zwar eine

Gute Nacht!

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