Wettbewerb zum (ge)niesen

Zwar geht es soweit besser, dass ich mich entschlossen habe, ohne NeoCitran’sche Unterstützung in den Wettstreit zu ziehen – wobei, dass da jemand wettet, kann ich mir beileibe nicht vorstellen -, jedoch hat mich seit heute Morgen der Genuss fest im Griff. Oder sagt man das Geniese? Egal. Zumindest ist es ein durchaus imaginables, wenn auch höchst tragödisches, Szenario, dass ich nach dem Vortrag gezwungen bin, zu sagen: «Wir gewinnten nicht, weil ich auf der Bühne noss.»

Ich hoffe nicht, dass es so weit kommt.

Auf nach Montreux! … hoffentlich

Grossartiges Timing: Morgen Samstag findet der 41. Schweizerische Brass-Band-Wettbewerb statt, und ich liege im Bett. Nicht etwa aus Faul-, sondern vielmehr aus Krankheit.

Nun gut, die Tatsache, dass ich mich zu diesem Umstand bereits wieder schriftlich zu äussern vermag, stimmt mich zuversichtlich: Mit Hilfe des guten, alten NeoCitrans werde ich mich bis morgen genügend aufpäppeln, um zumindest die 15 Minuten auf der Bühne des Auditorium Stravinski zu überstehen.

Trotzdem bin ich wohl mehr denn je auf deine gedrückten Daumen angewiesen! Also hopp, wünsch uns Erfolg (denn eine Glückssache darf es nicht sein)!

Wie genau blinkt so ein Tannenbaum?

Begonnen hat es ganz einfach damit, dass ich des Nächtens unter sternenklarem Firmament meinen Blick gen oben wandte, um die Flugbahn eines Aeroplans zu verfolgen, welches in diesem Moment relativ niedrig über mein Haupt hinwegdonnerte. Wie es da so majestätisch seine Bahn durch die endlosen Weiten zwischen den Sternen zog und mit hoher Geschwindigkeit dem Horizonte zuschoss, schoss noch etwas ganz Anderes, und zwar ein Gedanke mir durch den Kopf. «Wieso blinken die Lichter am Flugi eigentlich nicht synchron?» frug ich mich, denn das Lämpelein am Bauch des Fliegers blinkte andersschnell – man könnte sagen: frequenzdifferent – als die Leuchten an den Flügelenden.

Ich konnte mir keine Erklärung zurechtfabulieren und griff deshalb auf eine der ältesten Waffen im Arsenal der Menschheit zurück, wenn es darum geht, Widrigkeiten jedwelcher Form – und hier war die Form eindeutig: Unwissen – zu trotzen: den Herdentrieb, oder anders ausgedrückt: das Rudel, mit anderen Worten: ich griff, mangels Telefonverbindung, zum E-Mail-Joker und bemühte mit folgendem Wortlaut zwei mir wohlbekannte Freunde, denen die Fortbewegung in luftiger Höhe keineswegs fremd ist. Und also schrieb ich:

An: A. R., M. S.

Betreff: Flugiblinklichter

Hallo Piloten

Ihr seid beide flieger, einer beruflich gar, deswegen erhoffe ich mir zumindest eine erhellende antwort auf meine frage: beim flugi gibt es diese blinklichter: eines linksaussen, eines rechtsaussen und eines in der mitte unten. Die blinken aber extrem asynchron. Warum? Wieso nicht gleichzeitig? Was ist die zugrundeliegende frequenz jedes einzelnen?

In der hoffnung auf eine erhellende antwort verbleibe ich mit hochachtungsvollem grusse,

Mänu.

Der stilistischen Unschönheit der Doppelverwendung der Formulierung «erhellende Antwort» wurde ich erst jetzt, beim Wiederdurchlesen, ansichtig. Aber geschrieben ist geschrieben, und so wartete ich einige Tage und war bereits drauf und dran, alle Hoffnung auf die ersehnte erhellende Antwort fahren zu lassen, als plötzlich Post meinen Eingang bevölkerte. Siehe:

Von: A. R.

Betreff: Re: Flugiblinklichter

Grüezi Herr Friedli
Also ich meinte natürlich grüessech, pardon. Entschuldigen Sie erst mal die späte Antwort, aber ich war gerade in einer Ferie und nicht so im Mailmodus. Aber hier die Antworten auf ihre Vielzahl von Fragen:

Was dann folgte, war ein derartiger Schwall von Antworten, der mich sogar den inkorrekten Gebrauch des Pluraletantums «Ferien» – ein, wie ich finde, höchst amüsanter sprachlicher Schachzug – vergessen liess.

Dass ein Flugzeug bestückt sei «wie ein mittelständischer, US-amerikanischer Vorstadtweihnachtsbaum», lernte ich beispielsweise. Dass es Positionslichter (englisch: navigation lights), Antikollisionslicht (beacon), weisse Blinklichter (strobe lights) sowie allerhand weitere Lichter, «z.B. Landescheinwerfer, Rollscheinwerfer, Scheinwerfer welche die Flügelkante und die Triebwerke beleuchten, usw.» gebe, wurde mir ausgeführt. Dies also zur grundsätzlichen Lichtertheorie.

Auf meine spezifische Frage hatte ich bis dahin aber noch keine Antwort erhalten.

Die navigation lights befänden sich an den Flügelenden und leuchteten statisch grün (rechts) und rot (links). Daraus folgerte ich, dass diese nichts mit Geblinke am Hut haben und mich nicht zu interessieren brauchen. Trotzdem erfuhr ich Spannendes, nämlich, dass auch im Himmel Rechtsvortritt gilt: Sieht der Pilot grün (also den rechten Flügel eines anderen Flugzeugs, das sich demnach folgerichtig von Links nähert), hat er Vortritt. Sieht aber der Pilot rot (also den linken Flügel eines anderen Flugzeugs), hat er auszuweichen. Logisch: warten geht ja schlecht, fliegen im Schritttempo auch.

Von den beacons gebe es je eines oben und eines unten am Rumpf, beide in Rot und beide blinkend. Was ich also vom Boden aus gesehen hatte, war das Bauch-Beacon! Dass das Beacon ebenfalls dazu dient, der Bodenmannschaft Gefahr zu signalisieren und man es deswegen bereits am Boden einschaltet, sobald man die Freigabe hat, die Triebwerke zu starten, und es erst ausschaltet, wenn die Parkbremse gesetzt und die Triebwerke abgestellt sind, war zwar nicht Gegenstand meiner Frage gewesen, dafür aber Inhalt der Antwort. Interessant!

Auch die strobe lights gehören zu jenen Lichtern, um die sich meine Frage dreht, denn dies sind die Blinklichter an den Flügelenden und – so wurde ich aufgeklärt – meistens auch am Schwanz. Offenbar dienen diese vor Allem der Sichtbarkeit gegenüber anderen Luftfahrzeugen.

So, und jetzt kam die Erklärung langsam zum Kern der Sache:

Die Strobe lights an den Flügelenden scheinen untereinander synchronisiert zu sein. Dass die Strobes synchronisiert sind ergibt sicher Sinn. Sieht jemand die beiden Blitzlichter synchron blinken, weiss er dass es sich um nur ein Flugzeug handelt. Wären es zwei Lichtquellen mit unterschiedlicher Frequenz und/oder Phase, handelt es sich wohl um zwei Luftfahrzeuge, welche praktisch an der gleichen Position am Himmel sichtbar sind.

Ja, das leuchtet allerdings ein. An der präzisen Formulierung «(…) mit unterschiedlicher Frequenz und/oder Phase (…)» lässt sich übrigens unschwer der Physikdoktor im Piloten erkennen.

Und nun, das Blinklicht am Bauch, das beacon? Wie sieht’s denn mit dem aus?

Das Beacon wiederum ist aber nicht mit den Strobes synchronisiert. Warum? Keine Ahnung, ist wohl eine Frage der technischen Implementation.

Och. Schade. Keine Antwort auf meine Frage.

Bezüglich der Frequenz gibt es wahrscheinlich Vorgaben von der ICAO. Diese definiert z.B. auch, in welchem gelb die Rollbahnmarkierungen auszumalen sind usw.

Aber immerhin ein weiterer Hinweis: Da scheint eine geheime Organisation namens ICAO  zu existieren, deren Mitglieder sich mit Blinklichtern und Rollbahnmarkierungen die Zeit vertreiben! Was mag sich wohl hinter der kryptischen und geheimnisvoll anmutenden Abkürzung verstecken? Etwa die Internationale Compagnie Aeronautischer Operateure? Oder gar die Intrinsisch-Chaotische Alkoholiker-Organisation? Ich wusste mir keinen Rat und bemühte – diesmal nicht wieder den Freundeskreis, sondern – Wikipedia. Die war mir aber leider keine Hilfe, wusste sie unter dem Stichwort ICAO doch bloss von der International Civil Aviation Organization zu berichten. Aber ich hätte es wissen müssen: eine arkane Gesellschaft wie diese ominöse ICAO wird sich schliesslich hüten, ihr Portrait auf der Wikipedia zu veröffentlichen.

So steht zu befürchten, dass meine Frage nach Frequenz und Synchronizität periodisch blinkender Leuchtquellen an Flugkörpern für immer unbeantwortet bleiben wird. Dem A. R. sei nichtsdestotrotz ein Trullalla, denn das Verfassen seiner umfassenden Replik fasse ich als unfassbaren Effort auf. Und ich wünsche ihm für die nahe Zukunft eine erholsame Weihnachtsferie.

Gute Nacht.