Velocipedär teilweise erneuert

Ich befinde mich in der Zwickmühle: Einerseits dauert es nicht mehr lange, und die Stille auf meinem Blog würde sich auf die magische Länge eines Jahres ausdehnen, was ein durchaus ansprechendes Jubiläum wäre. Andererseits widerfuhr mir letztens – genauer: irgendwann in der Woche nach dem 18. Juli 2018 – derart Unerhörtes, dass darüber zu schweigen schier unmöglich ist. Im Gegenteil: LAUT HERAUSSCHREIEN müsste man solches!

Weshalb tat ich es denn nicht sofort, sondern schicke mich erst jetzt an, Kunde zu verbreiten? Aus Gründen. Genau genommen aus einem guten Grund.

Wenngleich es jetzt eigentlich noch zu früh ist, denn der Grund, von dem ich sprach, ist erst halbbatzig. Ich mag aber nicht mehr auf die Komplettbatzung warten. Deshalb liest du jetzt hier diese Zeilen, mit denen ich nun endlich erzählen will, was ich zu sagen habe.

Leinen los!

An jenem ominösen 18. Juli parkierte ich mein geliebtes Rad in der Nähe des Bahnhofs, schloss es vorschriftsgemäss ab und ging arbeiten. Derart arbeitete ich, dass es mir erst am darauffolgenden Dienstag, den 24. Juli, in den Sinn kam, mein Fahrrad zu rekuperieren. Doch – oh weh, der geneigte Leser hat es natürlich schon längst erraten: Wie in einem schlechten Cartoon irrte ich zwischen den Reihen parkierter Velos auf und ab, ohne mein liebes, liebes IBEX zu erblicken. Mir dräute Düst’res: Nicht länger als 5 Tage seien Fahrräder an diesem Orte zu parkieren, ansonsten sie gebührenpflichtig von der Polizei in Obhut genommen würden, belehrte mich ein glücklicherweise mit Telefonnummer versehenes Schild.

Machen wir’s kurz: Die freundliche Dame am anderen Ende der Leitung konnte mir nicht weiterhelfen («Wüsst der, mit schleppe die Velo nid säuber ab. Göht mau bir Velostation ga frage, die mache das»), der charmante Herr der Velostation auch nicht, und der hilfsbereite Polizist beim Posten um die Ecke ebenso wenig wie die beiden anderen Männer bei den beiden anderen Velostationen.

Was also tun? Anzeige erstatten wegen Veloklaus! Als ich dies das letzte Mal tun musste, war das Internet noch kaum erfunden und ich sprach persönlich auf dem Revier beim Landjäger vor. Ganz anders diesmal: Hurtig bei der Onlinepolizei ein Formular ausgefüllt, fertig.

Also: Halbfertig nur, denn die Versicherung muss ja vom Malheur auch erfahren. Also auch dort – tifig, tifig! – online mit ein paar Klicks und Tastenhüben Kenntnis verbreitet, und dann abgewartet.

Im Handumdrehen erhielt mein elektronisches Postfach Besuch einer Meldung des für mich zuständigen Schadensregulators: Ich möge doch bitte noch den Wert des ebenfalls abhanden gekommenen Fahrradhelmes beziffern, zwecks Abwicklung des Falls. Gefragt – getan, und noch am selben Tag (!) beschied man mir, der Schaden werde, abzüglich Selbstbehalt, erstattet. Holladiewaldfee, das mochte sogar meinen Groll gegenüber dem Fahrraddieb, dem fiesen, zu mildern! Denn nun sah ich mich in der Lage, an Ersatz für mein liebes, liebes IBEX zu denken.

Der Beitrag droht langsam aus dem Ruder zu laufen. Ich muss mich beeilen! Also:

Neues Velo? Wieder IBEX! Online konfigurieren. Konfiguration ausdrucken. Mit dem Papier in einen Laden gehen. Dort ein ähnliches Modell probefahren. Gefallen finden. Kaufen wollen.

Warten. Wochenlang warten.

Bis es dann, am 25. September 2018, abholbereit ist und von mir auch tatsächlich abgeholt wird:

Ich so in den Laden rein. Da so ein Velo, und ich so: «Ah, sieht fast aus wie jenes, das ich konfiguriert habe», dann der Verkäufer so: «Hier, dein Velo!» Und ich so: «Ahja, echt? Wo ist denn der Gepäckträger? Und der Scheinwerfer sieht irgendwie nicht nach Supernova aus. Und der Lenker scheint mir für einen Ergotec Flatbar ein bisschen gar gebogen. Und eigentlich sollte der Ständer kein Pletscher sein.»

Ich will ehrlich sein: Ich hab’s natürlich nicht so gesagt. Aber das Resultat ist dasselbe: Es war nicht alles ganz genau so verbaut, wie ich das gewünscht hatte. Aber kein Problem: Einfach mal bezahlt, was da war, Fahrrad mitgenommen und nächsten Mittwoch kann ich’s nachrüsten lassen.

Uuuh, und schon alleine in der Woche bis jetzt hatte ich eine Mordsfreude an meinem neuen fahrbaren Untersatz! Wie von alleine gleitet er über den Asphalt, die Laufruhe und Schaltpräzision sind unerreicht. Es ist, im Vergleich zum Alten, ein Federgewicht, und schon alleine die Farbe … ein Gedicht in Gelb!

Aber siehe selbst. Ein Bild der vorübergehenden Noch-nicht-ganz-Endausbau-Variante:

IBEX. Daily Quest.

Wow!

Montreux 2017

Morgen ist’s wieder mal so weit, der Wettbewerb tritt die Türe ein. Da ich unsere Startnummer und -zeit nicht veröffentlichen darf vergessen habe, drückst du uns am besten den ganzen Tag die Daumen. Mir besonders, ich werde mich durch 10 Takte Xylophon zu kämpfen haben. Blitz ahoi!

Im Prinzip ist es pure Erotik

Im Prinzip ist es pure Erotik. Wenn Adi Pflugshaupt am vorderen Bühnenrand steht, sein Saxophon zärtlich oral stimuliert, mit dem ihm eigenen arrogant-verführerischen Hüftschwung der Melodie die richtige Portion Körperlichkeit verleiht und den Blick tief ins Publikum versenkt, als möchte er sagen: «Ich seh’s euch an, ihr findet mich geil, und das zu Recht», dann ist dies einer jener Momente, in denen ich, wäre ich eine Frau, butterweich zerschmölze.

Sowohl mit X- als auch Y-Chromosom gesegnet, bleibt mir so aber nichts anderes übrig, als den Moment einfach in mich aufzusaugen und zu geniessen, dass ich an diesem Montagabend wieder einmal im Bierhübeli dem fantastischen Swiss Jazz Orchestra beiwohnen darf. Viel zu oft liess ich den Konzertbesuch in der letzten Saison aus (immer bis auf ein einziges Mal). Dies soll mir heuer nicht mehr passieren!

Trotz allem ist und bleibt das Schlagzeug das beste aller Instrumente. Philipp Leibundgut For The Win!

Dr. Beuchat ist ein Pfeifenkopf

Heute mal nicht eine Herabwürdigung aktueller Mode, sondern eine (erneute!) Verurteilung einer andauernden Saumode.

Ich glaube, heute ist der Tag gekommen, an dem ich ein Mail mit der Begrüssungsfloskel «Sie Pfeifenkopf» schreibe. Gopfertoori, habe ich mich aufgeregt!

Du kennst sicherlich meine Abschussliste. In letzter Zeit – nun ja, in den letzten Jahren – hat sie ziemlich darben müssen, weil ich die Zeit nicht fand, sie aktuell zu halten. Gestern fand sich aber wiedermal ein unerwünschtes Flugblatt im Briefkasten, das mit einer saftigen Antwort bedacht werden muss.

Es handelt sich hierbei um einen Werbeflyer von Dr. Beuchat & Partner ??. Ja, richtig. Inklusive rotem «ch» und Schweizerkreuz hintendran:

Besässe er Anstand, hätte er den Flyer nicht in unseren Briefkasten geworfen

Wir führen uns nun folgende Fakten zu Gemüte:

  • Herr Beuchat ?? bietet sich an, Deine und Meine Steuererklärung auszufüllen. Er erledigt dies gar mit «Optimierungsgarantie».
  • Herr Beuchat ?? meint, er sei «kompetent» und «zuverlässig».
  • Herr Beuchat ?? sitzt im Berner Stadtparlament, dem Stadtrat. Er fungiert dort als Stimmenzähler.

Herr Beuchat ?? hat also das Gefühl, kompetent und zuverlässig zu sein. Dabei ist er nicht einmal im Stande – oder nicht willens -, zwei (!) Aufkleber an meinem Briefkasten zu entziffern, die ihn vom Einwurf unerwünschter Werbung abhalten sollen:

Nein! Einfach nicht! vergiss es!

Mir wird übel, wenn ich daran denke, dass einer, der sich um schriftliche Aufforderungen foutiert, zuständig ist, die Stimmen im Stadtrat zu zählen. Müsste denn nicht gerade er, dessen Partei doch so sehr für Sicherheit und Sauberkeit, für Gesetzestreue und Regelkonformität einzustehen vorgibt, – müsste nicht gerade er sich an die Regeln halten?

Auf der Rückseite des Flyers lesen wir Folgendes:

Henri-Charles Beuchat sagt:

«Viele schenken dem Staat tausende von Franken. Grund: Sie füllen die Steuererklärung falsch aus, aus Flüchtigkeit oder einfach aus Unkenntnis.»

Dies unter folgendem Titel:

Jetzt dem Fiskus ein Schnippchen schlagen

Er hält es also für klug, dem Staat möglichst viele Steuergelder vorzuenthalten. Klar: Niemand zahlt gerne Steuern, auch ich nicht. Aber wenn ich für meine Kinder dereinst eine gute Ausbildung will, wenn ich von einem gut ausgebauten öV-Netz profitieren will, wenn ich meine brennende Wohnung von einer rasch eintreffenden und perfekt ausgerüsteten Feuerwehr löschen lassen will, dann muss ich Steuern zahlen und dann tue ich das auch in vollem Umfang. Ich unterstelle dem Herrn Beuchat ?? nun mal, dass ihm jeder gesparte Steuerfranken zupass kommt: So ist es seiner Partei dann möglich, radikale Sparprogramme auf Kosten von Bildung und Wohlfahrt durchzuboxen.

Lasse mich jetzt noch kurz einen Satz zitieren, der auf seiner Homepage steht:

Unsere seit Generationen gepflegten Verhaltens-Grundsätze sind ein zentrales Element zur Betreuung unserer Kundschaft.

Aha, und welche Verhaltens-Grundsätze sollen das sein? Wahrscheinlich «Wir scheissen auf den Aufkleber auf Ihrem Briefkasten, wir werfen unsere Werbung trotzdem ein! Regeln gehen uns am Arsch vorbei! F**k dich, Bürger!»

So, das reicht. Mal geschwind auf seiner Website auf Kontakt geklickt, um eine E-Mail-Adresse ausfindig zu machen, bei welcher ich meine Beschwerde abladen kann. Doch, oh weh! Siehe:

Herr Beuchat scheut Kontakt

Da bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als meine Sie Pfeifenkopf!-Anrede an hbeuchat@beuchat.net zu richten, wie es auf dem Flyer vermerkt ist. Oder soll ich doch mit Sehr geehrter Herr Beuchat ?? beginnen? Ich muss es mir noch überlegen!

Fertig überlegt: Dieses Mail findet gleich nach Veröffentlichung des Beitrages (hoffentlich) seinen Weg zu Herrn Beuchat ??:

Herr Beuchat,

Sie sind ein Pfeifenkopf. Auf meinem Briefkasten befinden sich zwei Aufkleber mit der Aufschrift «Bitte keine Werbung!» bzw. «Bitte keine Werbung einwerfen!». Ich kann daran absolut nicht Missverständliches finden. Die Aussage ist sonnenklar: Der Besitzer des Briefkastens – in diesem Falle ich – wünscht keinerlei Werbung.

Trotzdem befand sich gestern Samstag, 4. Februar 2017, ein Werbeflyer von Dr. Beuchat & Partner in meiner Post. Ich empfinde es als absolute Dreistigkeit, sich über den doppelt geäusserten Wunsch des Briefkastenbesitzers derart unverfroren hinwegzusetzen und dessen ungeachtet einen Werbeflyer einzuwerfen. Seien Sie versichert, dass ich Ihre Dienstleistung niemals in Anspruch nehmen werde und mich nach Kräften bemühe, kein gutes Wort über Sie und Ihre Firma zu verlieren.

Ich fordere Sie nachdrücklich auf, in Zukunft meinem Briefkasten fern zu bleiben. Sollte ich wieder einmal einen Werbeflyer Ihrer Firma in meiner Post finden, wird es wohl nicht mehr ausreichen, einen Schmähbeitrag über Sie zu veröffentlichen [1]. Ich werde mir dann wohl oder übel eine drastischere Reaktion ausdenken müssen.

Ohne freundliche Grüsse,
Manuel Friedli

[1]: https://www.fritteli.ch/2017/02/05/dr-beuchat-ist-ein-pfeifenkopf/


Manuel Friedli
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