Der Gedanke kam mir heute, als ich bei IKEA auf dem Männerklo sass und mich zu erleichtern gedachte. Es hat in dieser Toilettenanlage einige Pissoirs sowie 2 Lokusse fürs grössere Geschäft. Ich sass auf dem einen, ein mir Unbekannter auf dem andern. Und wie ich da so sass, still und in mich gekehrt, wie ich dies zu tun pflege, vernahm ich vom Nachbar-WC ein Stöhnen, Ächzen, Seufzen und Grummeln, dass ich anfing, mir Gedanken zu machen. Schon komisch, diese Geräusche, die Menschen auf öffentlichen Toiletten machen – wobei ich die These in den Raum zu stellen wage, dass diese Menschen auf ihren heimischen Klos noch viel lautere Geräusche machen als in der Öffentlichkeit.
Und dann fiel es mir auf: Auch ich machte Geräusche, in ebendiesem Moment! Der kältebedingten Semi-Verstopfung meiner Nase war es zu verdanken, dass ich beim Atmen unfreiwillig pfiff. Eher atonal zwar, aber dennoch äusserst geräuschvoll. Und das war auch gar nicht das einzige, was ich da von mir gab. Ab und zu musste auch ich seufzen oder ächzen, und mir dämmerte, dass man, wenn man, so wie ich und wahrscheinlich auch mein stuhlender Nachbar, sich alleine wähnt, und zwar lediglich aufgrund der Tatsache, dass man die anderen im Raum anwesenden Personen nicht sieht, weil sie – glücklicherweise – von einem Wändchen und einer Türe am Sichtkontakt gehindert sind, hemmungslos Geräusche produziert, ohne sich bewusst zu sein, dass Wändchen und Türe zwar Photonen, nicht aber Schallwellen dämmen.
Eine gewisse Traurigkeit umfängt mich, da ich in die Tasten greife um diese Worte zu schreiben. Obzwar – Traurigkeit ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck für meine momentane Gefühlsverfassung, Enttäuschung trifft es wohl eher. Ich will dir sogleich den Grund hierzu nennen.
Ich war, wie es sich für einen anständigen Montagabend gehört, wieder im Huerebibeli zu Gast, heute war Gala-Night mit Marianne Racine, die rassig gesungen und mich regelrecht in Verzückung versetzt hat. Sie kann also nicht der Grund für meine Gemütsschwere gewesen sein. Vielmehr war es die Ansage vom begnadeten Till Grünewald. Wir erinnern uns an letzte Woche: Philip Henzi solierte auf dem Piano, weil das Geld für eine Steel Drum fehlte. Ich erbarmte mich und zahlte zehn Fränkli mit dem Vermerk «Steeldrum Henzi» ein.
Nun zurück zu heute Abend: Der – wie gesagt – begnadete Till Grünewald machte sinngemäss folgende Ansage: «Am Piano dr Philip Henzi! … Es fröit is übrigens bsunders, dass letscht Wuche öpper uf üses Konto mit em Vermerk «Steeldrum Henzi» yzaut het. […]» – «Öpper»! Beschämend. Da habe ich derart grossartige Werbung gemacht, es waren letzte Woche derart viele Leute anwesend, und ich soll der allereinzigste gewesen sein, der etwas eingezahlt hat? Beschämend.
Dafür aber erlebte ich eine grosse Überraschung. Und zwar spielte seit langem wieder mal eine Frau den Barifön, will sagen: Das Bariton-Saxophon. Ich hatte ja Anno XXVII einmal postuliert, Bariföne würden stets und ausnahmslos von Frauen gespielt. Zwischenzeitlich hätte ich diese Aussage revidieren müssen, kann man doch Marc Schödler beim besten Willen und allem Respekt nur mehr schlecht als recht als Frau bezeichnen. Heute aber hätte meine damalige Aussage voll ins Schwarze getroffen. Bereits im ersten Stück hatte sie ein Solo, diese Frau am Fön. Obligaterweise wurde sie danach mit Namen vorgestellt und ich staunte nicht schlecht, als ich «Corinne Windler» gehört zu haben glaubte. «Corinne Windler, dasch doch die vo X-elle!» schoss es mir durch den Kopf, und tatsächlich: Google bestätigt es mir. Nun werde ich also am kommenden 2. November im ONO gleich nochmal in den Genuss ihres Spiels kommen. Obschon ich mich dann eher auf Valeria zu konzentrieren gedenke.
Der Titel nimmt es im Grunde bereits vorweg: Es geht um Essen, genauer: um Kuchen, und handelt sich deshalb um einen ganz besonders interessanten und lesenswerten Beitrag im Reigen der mehr oder minder bedeutungsschwangeren Schreibergüsse meinerseits. Das Spezielle am genannten Kuchen: Die Herstellung.
Und zwar ist folgendes passiert. Ich kam, nichtsahnend und unschuldig wie immer, frühmorgens ins Büro und wurde sogleich aus unerfindlichen Gründen mit einer Website konfrontiert, die höchst interessante Rezepte im weltweiten Netz veröffentlicht. Solche nämlich, die sich mit der Mikrowelle zubereiten lassen. Hiermit ist der Pfupf eigentlich schon draussen und die Spannung gebrochen, denn auch der langsame Teil meiner hochwohlgelöblichen Leserschaft hat mittlerweile die Verbindung zwischen Tasse, Kuchen und Mikrowelle herzustellen zu Stande gebracht.
Die Mittagspause stand heute ganz im Zeichen hurtig eingekaufter Zutaten, eines hastig heruntergeschlungenen Sandwiches und ausgiebigen Backens. Backen kann man keinesfalls ohne Rezept, niemand kann das, nicht einmal ich, der ich eine Züpfe ohne Rezept backen kann! Selbstverständlich hatte mich das Rezept bereits auf der Einkaufstour begleitet und war seither nicht mehr von meiner Seite gewichen, und zum besseren Gedächtnis will ich es nun hier publik machen, auf dass noch viele Generationen, die da nach mir kommen mögen, davon profitieren können:
4 EL Mehl
4 EL Kristallzucker
2 EL Schokoladepulver
1 Ei
3 EL Milch
3 EL Öl
1 Tasse
Als grüne Seele hatte ich darauf geachtet, Biozutaten zu kaufen: So stammten die Eier aus glücklichen Hühnerärschen, die Milch aus fröhlichen Kuhzitzen, das Öl aus fidelen Sonnenblumen und das Schokoladepulver war wahrscheinlich mit einem solarbetriebenen Dampfer über die Weltmeere geschifft worden. Lediglich Mehl und Kristallzucker stammten aus traurigen Plantagen, oder wie sich eine unbiologische Anbaufläche auch immer fühlen mag.
Gemischt wurden die ersten sechs Zutaten in der letzten – der Tasse. Das ganze wanderte für 3 Minuten bei voller Kraft in die Mikrowelle. Nach einer guten Minute in den Wellen begann sich das Gemisch aus der Tasse langsam zu erheben, mein Küchlein wanderte bis beinahe an die Mikrowellendecke und gebärdete sich wahrlich wie der schokoladegewordene schiefe Turm von Pisa.
Mit dem Öffnen des Mikrowellentürchens fiel das imposante Gebäude in sich zusammen wie ein Käsesoufflé, das die Freude am Leben verloren hat. Trotzdem liess es sich relativ problemlos auf eine appetitlich präparierte Serviette stürzen und bot den Anblick eines relativ grossen Haufens Hundeexkrements.
Wer mich kennt, weiss, dass ich, wenn’s ums Essen geht, vor nichts zurückschrecke. Böse Zungen behaupten, ich ässe abgelaufene Sandwiches aus dem Mülleimer, aber das stimmt nicht, das Sandwich, auf das sich diese Verleumdung bezieht, war noch gar nicht jenseits des Verfalldatums angekommen und zudem noch originalverpackt. Geschmeckt hat’s ganz hervorragend.
Item. Ich schrecke also vor nichts zurück, erst recht nicht vor einem hundekotgestalten Schokoladekuchen aus der Mikrowellentasse. Heiss war er, sauheiss, aber gar nicht mal schlecht, wenn man von einer gewissen gummigen Konsistenz absieht. Der Geschmack war schokoladenbombig.
Und weil’s so schön war, habe ich hier noch ein Foto für unsere neugierigen Mitleser. Leider nicht in der Tasse, aber dafür noch weitgehend in Originalform auf der Serviette:
Aah – endlich war heute wieder mal Schweizer-Synkopenmusik-Orchester-Zeit, sprich: Zeit fürs Swiss Jazz Orchestra im Huerebibeli, wie es sich für einen richtigen Montagabend gehört. Groove Night war angesagt, und ich setzte mich erwartungs- und auch ansonsten einfach froh in den Saal.
Als die Band zu spielen begonnen hatte, ging ich, wie ich es immer zu tun pflege, im Geiste die Bandmitglieder mit Namen durch. Klar, dass ich mir nicht alle Namen ins Gedächtnis rufen konnte, aber zumindest die Gesichter kamen mir allesamt bekannt vor. Doch halt – bei den Posaunen geriet ich ins geistige Stolpern! Da sass, hübsch eingebettet zwischen Monsieur Lachat und Herrn Zumstein, ein mir gänzlich unbekannter Kopf (mit Mann und Posaune dran)! Wo normalerweise Andreas Tschopp und vorletzte Woche Nina Thöni sitzen sollte, spielte hier ein bebrillter Chruselchopf auf einer schon älter wirkenden Posaune, den ich migottstüüri noch nie in diesem Ensemble gesehen hatte.
Aha, nun hatte dieser junge Mann allem Anschein nach ein Solo, denn er begab sich zum Mikrophon vorne am Bühnenrand. Und schon begann er zu spielen. Und wie der spielte! Als ob der Leibhaftige hinter ihm her wäre! Er zog und stiess am Posaunenzug, dass es keine Gredi mehr hatte, er pustete sich die Lunge wund und errötete im Gesicht, dass ich schon meinte, ein Totemügerli habe ihm mit dem Flarzyse den Stirz vermöcklet! So konnte eigentlich nur einer auf dieser Welt spielen, derart tschoppte es! Aber das konnte ja nicht sein, denn dieser eine hat ja, wie ich natürlich wusste, langes, zu einem Rossschwanz gebundenes Haar. Es musste sich hierbei also zweifelsfrei um eine Verwechslung handeln.
Jedoch – mitnichten, wie sich herausstellen sollte! Wie es sich nämlich gehört, wurde der Solist nach dem Stück vom obligaten Ansager des Abends, Till Grünewald, namentlich erwähnt, und siehe da: «Andreas Tschopp» lautete der Name desselbigen. Fürwahr ein Zeichen dafür, dass ich letzte Saison entschieden zuviele Absenzen zu verzeichnen hatte.
Und zum Schluss noch dies: Philip Henzi, begnadeter Pianist, Kompositeur und Arrangeur des Swiss Jazz Orchestras, wäre heute Abend fast zu einem Steel-Drum-Solo gekommen – wenn sich das SJO doch nur eine Steel Drum leisten könnte! Damit an künftigen Konzerten ein Steel-Drum-Solo nicht mehr an der Absenz des Instrumentes zu scheitern braucht, existiert ein Konto, auf welches mit dem Vermerk «Steeldrum Henzi» ein jeglicher Geldbetrag herzlich willkommen ist. Ich selber habe trotz herrschender Finanzkrise mein Scherflein in Form von 10 Franken beigetragen. Und zwar auf das Postkonto 30-677787-8. Kein Witz. Echt wahr. Tu’s auch. Dann kann ich vielleicht in Bälde schreiben, wie virtuos Herr Henzi mit Stahltrommeln umzugehen weiss. Es würde sich bestimmt lohnen.
Heute war ich wieder einmal in der Stadt, und da es nieselregnete, marschierte ich unter den Lauben dahin, inmitten der warmen Menschenmeute, derartig geschützt gegen Nässe und Kälte. Ich war gerade in Gedanken, als mir Klänge eines Cellos ans Ohr drangen und ich den Blick hob. Da sass eine junge Frau in der Laube, das Cello artgerecht zwischen den Beinen eingeklemmt und schrammelte apartiglich auf den Saiten umenand. Hübsche Klänge entlockte sie derart dem Instrument, sie schien zu wissen was sie tat und tat es mit Hingabe und einigem Können, wie mein Kennerblick umgehend feststellte.
Im aufgeklappten Cellokasten, der neben ihr am Boden lag, fiel mir dann unter einem Zehnernötli und einigen Münzen ein Schild ins Auge. Darauf geschrieben stand (sinngemäss): «Danke, dass Sie mir helfen, mein Studium zu finanzieren».
Ich kam ins Grübeln. Zuerst dachte ich: «Schön, dass sich die Frau mit Cellospielen etwas dazuverdienen kann!» Dann dachte ich: «Die macht ihren zukünftigen Beruf jetzt schon zur Einnahmequelle! Clever!» Dann dachte ich: «Eigentlich praktisch, die kann irgendwo hinsitzen, ihren Kasten aufklappen und so einfach Geld verdienen!» Dann dachte ich: «Scho vrruckt, we me dänkt: Ich kann nicht einfach meinen Laptop nehmen, auf eine Strasse sitzen und schon kommt Geld angeflogen, wenn ich vor mich hin programmiere!» Dann dachte ich: «Wenn ich als Student Geld verdienen will, muss ich mühsam irgendwo ein Inserat machen und meine Dienste zu Spottpreisen anpreisen!» Dann dachte ich: «Zum Glück habe ich schon einen Job.»
So konnte ich schliesslich glücklicherweise meinen Weg sonder Groll fortsetzen.