Der vorletzte Tag war angebrochen, und was tut man da? Man besucht die Basilique du Sacré-Cœur auf dem Montmartre-Hügel. Kleiner Geheimtipp an alle Reisenden, die die Sacré-Cœur besuchen: immer die Hände in den Hosentaschen belassen, und ja nie mit nacktem Finger auf irgendwas zeigen, denn sonst kann es schnell geschehen, dass einer der vielen tausend Strassenverkäufer dir ein farbiges Bändeli um den Finger wickelt, und zu Knüppeln beginnt, oder so, und am Ende bist du gezwungen, es ihm abzukaufen.
Wir machten diesen Fehler zum Glück nicht, und schliesslich hat man nach 2½ Tagen Paris auch schon ein ziemlich resolutes Non, merci! intus, welches einen vor solcher Unbill schützt.
Also unbehelligt retteten wir uns ins Innere der Basilika, und just als wir sie wieder verlassen wollten drang eine Stimme, engelsgleich im Klang, mit wundervollem Timbre und Schmelz, begleitet von den göttlichen Klängen einer kleinen Keyboard-Orgel, an unsere Ohren. Wir blickten uns um und erspähten vorne beim Altar zwei Nonnen, eine singend, eine spielend. Auch der Priester war da, und er begann zu predigen. Leider auf Französisch zwar, aber trotzdem verstanden es die paar wenigen anwesenden Gläubigen, denn immer im richtigen Moment ging ein Raunen durch die Menge, wie das bei katholischen Messen so üblich ist.
Um die religiöse Atmosphäre nicht zu stören, denn das taten die anderen, ca. 500 anwesenden Touristen bereits zur Genüge, verliessen wir die Kirche, und machten uns auf die Suche nach einer öffentlichen Toilette.
Gleich unten links die Strasse entlang, dann auf der linken Seite, wurden wir fündig. In diesem Prachtsexemplar von einer öffentlichen Toilette erwartete uns nicht nur eine Toilettenfrau, die in ihrem Wärterhäuschen Wache schob, sondern vor den Pissoirs auch ein Drehkreuz, wie man das von Skiliften her kennt. Dem Zähler nach, der dort eingebaut war, hatten bereits etwas über 83’000 Männer dort Wasser gelassen. Im Pissoir selbst waren so viele Duftsteine kunstvoll zu einem gigantischen Haufen aufgeschichtet, dass wohl noch in 100 Jahren etliche Überreste davon zu sehen sein werden.
Item. Das Montmartre-Quartier ist ja voll von Lädelein, kleinen und grösseren. Wie sich Frauen in der Nähe von solchen Einkaufsfazilitäten zu verhalten pflegen, muss ich wohl nicht weiter ausführen. Der Hubi und ich liessen darum Isa und Mare genügend Zeit, damit sie sich in den Wühltischen und Regalen austoben konnten, und machten uns derweil alleine auf den Weg, das Quartier zu erkunden.
Bald einmal landeten wir unten auf einer grossen Strasse, und stellten fest, dass Paris nicht nur über etliche Ibis-Hotels, sondern auch über unzählige Sex-Shops verfügt. Einer reihte sich an den nächsten, Neonreklamen blinkten um die Wette, und wenn es Nacht gewesen wäre, wäre dies sicher eine farbenprächtige Angelegenheit gewesen.
Auf der Strasse wollte mir irgend ein suspekter Franzose eine Uhr andrehen, Tu veux montre? Moins chère, moins chère!, aber ich lehnte dankend ab. Ein wirklich lebhaftes Viertes, dieses Montmartre!
Wieder mit den Frauen vereint, und nach einem McDonalds-Besuch frisch gestärkt für neue Taten, trafen wir unverhofft auf ein Erotik-Museum, dem ein Besuch abzustatten selbstverständlich unumgänglich war. 7 Etagen voller Erotik im Laufe der Zeit wurden uns versprochen, tatsächlich geboten bekamen wir einen Haufen Bilder, Fotos und Statuen, mehr oder minder amüsant, aber auch nicht mehr.
Danach statteten wir dem Moulin Rouge einen Besuch ab. Aber nur von aussen, denn erstens beginnen die Revues erst am Abend, und zweitens waren wir nicht überzeugt, dass bei den tiefen Preisen auch die Qualität stimmen würde. Ein Menu Belle Epoque inkl. Revue ist dort bereits für läppische € 170 zu haben, und dann ist erst noch eine halbe Flasche Champagner dabei, ein echtes Schnäppchen also. 🙂
Den restlichen Nachmittag verbrachten wir bei Les Halles, und schon war wieder Zeit fürs Nachtessen.
Unser Plan war der Folgende: Da man ja im Pariserischen Restaurants immer zügigst bedient und rausgeschmissen wird, so dachten wir, könnten wir in der Nähe der Tour Montparnasse dinieren, und danach noch vom 59. Stock des Turmes den Ausblick über die nächtliche Stadt geniessen. Also suchten wir in der Nähe ein Restaurant, und trafen auf die Pizzeria Les Comédiens am 44, Boulevard du Montparnasse. Perfekt, dachten wir, und traten ein.
Wie waren wir erstaunt, als uns ein freundlicher und höflicher Kellner empfing und uns einen Tisch zuwies! Als er uns die Karte brachte, fragte er, woher wir kämen, und als wir sagten, wir seien Schweizer, wurde er noch mal freundlicher und erzählte, er habe da zwei Schweizerinnen kennengelernt, Elles étaient belles!, die kämen aus Oberbipp, Obööhrbibb, wie er das nannte, ob wir das kennten. Ja, und dann brachte er uns das Essen, und als wir fertig waren brachte er uns — ganz ohne Hast — die Dessertkarte, und als wir auch das geschafft hatten, mussten wir sogar selber die Rechnung verlangen, denn sie wurde uns nicht hurtig-hurtig hingeworfen. So muss der Service sein! Dieses Les Comédiens ist wirklich empfehlenswert, zumal auch das Essen wirklich gut war. Mjam! Lediglich bei den Toiletten hatte ich so meine liebe Mühe. Da waren so viele dekorative Kunstpflazen drapiert, dass ich die Türe zum Männerörtchen fast nicht gefunden hätte. Zum Glück nur fast.
Dass über so viel Freundlichkeit die Zeit wie im Flug verging ist wohl nicht erstaunlich, und so mussten wir unseren Besuch auf der Tour Montparnasse auf den Freitag — unseren letzten Tag — verschieben. So spazifizottelten wir halt noch am Dôme des Invalides mit seiner schönen güldenen Kuppel vorbei zum Eiffelturm und dann ging’s per Métro zurück ins Hotel.
Paris: Der Bericht. Tag 3.
Ich bin zurück aus Paris. Lies, wie’s mir ergangen ist.