Es darf ja wohl nicht wahr sein! Vielleicht nimmst du diesen Beitrag mit gelindem Erstaunen zur Kenntnis, aber wenn du heute Abend erlebt hättest, was ich erlebt habe, so wärst auch du vom Griechen zum Portugiesen mutiert.
Als hoffnungsvoller Griechenfan betrat ich also kurz nach Acht das Lokal. Ich setzte mich an den Tisch und freute mich auf den Match. Schon bald wurde jedoch meine Freude von einem unerhört penetrant-renitenten Griechenfan getrübt, der sein Quartier leider gleich hinter mir bezogen hatte. Quer durch den Raum erschallten in kurzen Zeitabständen seine «Hop Griecheland, kamonn!» (und wer’s nicht ganz versteht: kamonn ist Englisch und heisst come on), und nach etwa sieben Malen hatten wir dann auch den Witz von der Nervensäge und der Schreinerei begriffen («…da het mini Frou gseit, nei, du bisch ke Närvesagi, das längt nid, du bisch e Schriinerei! Jaja, HAHAHAHAA! E Schriinerei, wüu e Närvesagi, das längt nid für di, du bisch e Schriinerei, HAHAHAHAHAHAHAAAA!…» etc. pp.). Es war ungefähr zu diesem Zeitpunkt, also noch keine fünf Minuten nach Anpfiff, als ich mir sagte, Mänu, sagte ich mir, du lässt dich jetzt einfach nicht nerven, sondern geniesst den Match.
Bei Halbzeit war ich ungefähr gar, so kochte es in mir. Den Griechen wünschte ich schon lange eine Hochhaus-hohe Niederlage, nur damit der Lööl endlich mal ruhig wäre. Als er dann auf die Toilette ging, hoffte ich, es würde ihn gleich mit runterspülen, wurde aber leider nicht erhört. Dabei hätte es wahrscheinlich auch gar nichts genützt, wenn er auf nimmerwiedersehen verschwunden wäre, denn leidigerweise befand sich am selben Tisch auch noch eine weibliche Version dieses Palaveris, die ihm punkto Lautstärke kaum nachstand.
Nach der 57. Minute wars dann endgültig vorüber mit der Ruhe. «Jitz schiesst die defensivi Mannschaft es Goou, und die offensivi Mannschaft het no kes gschosse. Was isch ou los? Werum macht itze die defensivi Mannschaft meh Goou aus die offensivi? Hopp Griecheland, kamonn! Juu-hu!« Es ist ja schön, wenn man sich so freuen kann. Aber muss es denn bitte in Überlautstärke sein? Ich bin überzeugt, wenn dieser Mensch auch nur flüstert, so kann man das auf dem Jungfraujoch problemlos verstehen!
Damit aber noch nicht genug. Ungefähr eine Viertelstunde vor Schluss schlug sich mein Spezialfreund auf die portugiesische Seite: «Auso, itz hiufeni de Portugiese. Es 1:0 wär ja e Schand. Die söue itze no es Goou mache. PORTUGAL, KAMONN! Es wäri ja würklech schad, wenn d Portugiese mit 1:0 würde verlüüre. Das isch doch die offensivi Mannschaft, und itze het di defensivi Mannschaft me Goou gschosse. Schiss Offensiv-Fuessbau! PORTUGAL, KAMONN! I bi itze aber für d Portugiese, die söue o no es Goou schiesse!» Wenn’s dich dünkt, ich wiederhole mich ein bisschen oft, so gib nicht mir die Schuld dafür! Ich erzähle nur, wie’s war!
Es braucht ja wirklich viel, bis es mir den Nuggi abjagt, und ich würde mich auch eher als ruhigen Menschen bezeichnen, aber nach Abpfiff war es dann wirklich des Guten zuviel. Nach dem zighundertmalsten «Itz het doch tatsächlech die defensivi Mannschaft gäge die offensivi Mannschaft 1:0 gwunne! Schiss Offensiv-Fuessbau! Grieeecheland! JU-HUU!» konnte ich mich nicht mehr beherrschen und versuchte dem Mann einmal klar zu machen, dass ich ihn einfach nicht ausstehen kann, wenn er mir schon den ganzen Match lang direkt ins Ohr brüllt und umefägnäschtet und johlt und seine Witze (Witze???) unbedingt dem ganzen Publikum in einer Lautstärke vortragen muss, die einem Düsenjet alle Ehre gemacht hätte! Aber entweder war er schon zu blau (ich zitiere: «Ja, mis Hemmli isch nid ganz so blau, aber was dert druffe fäut, hani i mir drinne, höhöhöhö!») oder einfach zu blöd um es zu begreifen, vielleicht wollte er es auch gar nicht begreifen, oder vielleicht liegt’s an mir und der Pfefferminztee macht mich einfach zu empfindlich, wer weiss.
Es wird wirklich Zeit, dass mein Ramadan endlich vorüber ist!